Historische Romane von Sabine Weigand

Im Kontext der Zeit

14. März 2018
von Börsenblatt
Historische Romane leben von der Authentizität des Stoffs – so wie bei Sabine Weigand, Autorin bei Fischer Krüger.

Mit dem Erscheinen von Umberto Ecos Roman »Der Name der Rose« vor gut 30 Jahren erlebte das Genre des historischen Romans einen ungeahnten Aufschwung. Es folgte ein (Welt-)Bestseller nach dem anderen – Titel wie »Der Medicus« von Noah Gordon (1986) oder »Die Säulen der Erde« von Ken Follett (1989). Vor rund zehn Jahren, der Markt war ziemlich gesättigt, ließ das Publikumsinteresse spürbar nach.

Bis heute erfreut sich das historische Genre aber weiterhin bei bestimmten Zielgruppen großer Beliebtheit – auch wenn es in den Feuilletons ein Schattendasein führt. Hinzu kommt, dass bestimmte Romane, die historische Stoffe bearbeiten, nicht als »historischer Roman« rubriziert werden. Daniel Kehlmanns jüngsten Roman »Tyll«, der ohnehin mit den Zeitebenen spielt, würde man sicher nicht zu dieser Kategorie rechnen.

Historische Romane finden sich in den Programmen vieler Belletristik-Verlage, zum Beispiel Goldmann, Heyne, Lübbe oder Droemer Knaur. Bei den S. Fischer Verlagen sind sie im Unterhaltungssegment von Fischer Krüger, Fischer Scherz und Fischer Taschenbuch angesiedelt, das von Lektoratsleiterin Cordelia Borchardt verantwortet wird. Borchardt steht im engen Austausch mit ihren Autorinnen und Autoren, zu denen auch die promovierte Historikerin Sabine Weigand gehört.

Die in Franken lebende Schriftstellerin kann inzwischen auf neun historische Romane zurückblicken. Soeben erschienen ist »Die Manufaktur der Düfte« (Fischer Krüger, 688 S., 19,99 Eu­ro), ein Roman über die fränkische Seifen-Dynastie Ribot. ­Weigand legt großen Wert auf authentische Geschichten – auch aus dem regionalen Umfeld – und recherchiert sehr gründlich in Archiven. Typisch für ihre Schreibweise ist, dass sie die Handlung ihrer Romane mit Originaldokumenten oder Zeitzeugen­berichten unterfüttert – beispielsweise von hochnotpeinlichen Befragungen bei Hexenprozessen. Wie viele andere Autorinnen hat sich Weigand auch mit Mittelalter-Stoffen beschäftigt. »Inzwischen«, so Borchardt, »hat sich aber das Genre erweitert und seinen Fokus Richtung Gegenwart verschoben – bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.«

Exporte bis nach China
In »Die Manufaktur der Düfte« erzählt Weigand die authentische Geschichte der Familie Ribot, die 1850 in Schwabach bei Nürnberg eine Seifenmanufaktur gegründet und bis zum Ersten Weltkrieg betrieben hatte. Im 19. Jahrhundert war Ribot ein bekanntes Unternehmen, das seine Ware sogar bis nach China exportierte. Der Autorin ist es dabei wichtig, die Figuren im Kontext ihrer Zeit schlüssig erscheinen zu lassen. Das heißt auch: die Beschränktheit ihrer Möglichkeiten zu vermitteln – ein Aspekt, der vor allem auf die weiblichen Figuren im Roman zutrifft. Im 19. Jahrhundert waren Frauen in der Regel von jeder höheren Bildung ausgeschlossen, konnten häufig nicht den Partner ihrer Wahl heiraten, waren wirtschaftlich abhängig und durften nicht wählen.

Die Bücher adressieren vor allem ein weibliches Publikum: Das Cover, so Cordelia Borchardt, habe zunächst eine »Unterhaltungsanmutung«. Es zeigt eine junge Damen mit Sommerhut, die entspannt auf einer Parkbank sitzt – im Hintergrund nicht, wie das Klischee es will, ein Schloss, sondern die Manufaktur, um deren Wohl und Wehe die Handlung kreist. Eine Gründerzeit-Geschichte, die gerade in Start-up-Zeiten viele Leser interessieren könnte.