pmv-Verlegerin Annette Sievers über fünf Jahre "Schaufenster Hessen"

"Es ist uns gelungen, ein gutes, professionelles Bild von kleineren Verlagen zu zeichnen"

14. Mai 2018
von Börsenblatt
Wie regionale Verlage und Buchhändler zusammenfinden können: Das macht die Aktion "Schaufenster Hessen" vor. Acht Verlage schnüren diesmal ein Titelpaket, das die Sortimenter im Laden typisch hessisch inszenieren. Initiatorin Annette Sievers (Peter Meyer Verlag) über den Wettbewerb, der viel Arbeit, aber noch mehr Spaß macht.

Fünf Jahre "Schaufenster Hessen": Sind Sie zufrieden?

Wir haben steigende Beteiligungszahlen und erfahren von begeisterten Sortimentern viel Zuspruch. Darüber hinaus ist es uns gelungen, mit der Kombination aus Präsentation und Wettbewerb, ein gutes, professionelles Bild von kleineren Verlagen zu zeichnen. Das Vorurteil, kleine Verlage können so etwas nicht, haben wir damit aufs Schönste widerlegt.

Das Buchpaket zum Schaufenster Hessen enthält sehr unterschiedliche Genres. Ist es für den Buchhandel dadurch nicht schwer, die Titel gemeinsam in Szene zu setzen?

Wir wollen die Buchhändler schon ein bisschen kitzeln und herausfordern mit der Auswahl der Titel und wir wissen: Da wird viel Kreativität freigesetzt!

Diesmal gehört zum Beispiel das Bilderbuch "Das schnuggelische ABC"  von Henrich Editionen zum Paket. Dass sich dieses Dialektbuch für Kinder auch mit dem Wiesbaden-Krimi "Erstlingswerk" der edition federleicht, der Novelle "Die Liebenden von Wiesbaden" aus dem Größenwahn-Verlag und mit der "Kleinen Geschichte der Stadt Darmstadt" aus dem Lauinger Verlag kombinieren lässt  – das dürften Buchhändler ohne unseren Wettbewerb nicht so schnell im Blick haben.

Mit den Hardcovern "Die Grafen Matuschka von Greiffenclau" aus dem Axel Dielmann Verlag und "100 x Frankfurt" aus dem Societäts Verlag lässt sich ein geografischer Bogen vom Rheingau bis zum Main schlagen - während die "Geschichte Hessens" aus dem Verlagshaus Römerweg und "Die beliebtesten Wanderwege der Hessen" aus unserem Peter Meyer Verlag auch die Nord- und Südhessen ansprechen. Und ja: auch diese Kombi funktioniert. Den Kunden wird damit die ganze Vielfalt regionaler Literatur gezeigt. Da ist für jeden Geschmack was Passendes dabei.

Die Zusammensetzung der Verlage ändert sich von Jahr zu Jahr. Warum?

Wir fragen bewusst immer neue Kollegen an, die eine passende Frühjahrsnovität im Programm haben. So wollen wir auch bekanntere Verlage mit ins Boot holen, denn das kommt den Kleineren zu Gute. Der Emons Verlag hat beispielsweise schon mitgemacht, auch der Gmeiner Verlag und die Frankfurter Verlagsanstalt. Sie profitieren genauso von der Gemeinschaftsaktion - denn mit diesem einen Titel hätten sie es im Alleingang auch nicht unbedingt ins Schaufenster geschafft. 

Der Wettbewerb beginnt immer im Frühjahr mit einer Präsentation in Frankfurt, bei der Sie den Buchhändlern die Titel aus dem Aktionspaket vorstellen. Lebt die Aktion von der Verknüpfung aus Dekowettbewerb und Networking?

Ja, denn mit der Präsentation suchen wir den persönlichen Kontakt zum Buchhandel. Alle beteiligten Verlage wollen das Regionalia-Geschäft gemeinsam mit den Buchhändlern fördern – und die Sortimenter in lockerer, entspannter Atmosphäre abseits der Alltagshektik kennenlernen. Nach der Titelpräsentation gibt es deswegen immer hausgemachte Hessen-Tapas und Wein.

Bekommen Sie durch die Gespräche auch ein anderes Gefühl dafür, was Buchhandlungen brauchen?

Unbedingt. Einen Wunsch können wir ihnen bislang jedoch noch nicht erfüllen: Eine gebündelte Lieferung der Aktionstitel und der passenden Backlist, die wir immer dazu empfehlen. Bisher konnten wir noch kein Barsortiment, keine Verlagsauslieferung für eine Bündelung gewinnen, weil sie sehr aufwendig ist. Wenigstens haben wir jetzt eine gemeinsame Bestelladresse: schaufensterhessen@petermeyerverlag.de.

Verkaufen sich die Bücher, die zum Aktionspaket gehören, im Zuge des Schaufensterwettbewerbs besser – oder darf Mehrumsatz bei solchen Kooperationsformen vielleicht gar nicht die Erwartungshaltung sein?

Mehrumsatz ist unsere Erwartung, ganz klar. Aber leider wird sie nur zum Teil erfüllt: Wir vermissen im Buchhandel manchmal den Mut, auf dem Bestellformular mehr als die Zahl eins anzukreuzen und die Bücher ruhig etwas opulenter zu präsentieren. Wenn ein Titel bestellt wird und dieser eine im Schaufenster steht – welches Buch soll der Kunde dann kaufen?

Wie sind die Konditionen?

Konkurrenzlos günstig: 45 Prozent Rabatt, 90 Tage Valuta, Remissionsrecht. Außerdem bekommen Buchhändler, die an der Auftaktpräsentation teilnehmen, einen Stoffbeutel mit allen Novitäten für das "Schaufenster Hessen" – ob die Bücher nun 9 oder 30 Euro kosten. Aber obwohl das Risiko gegen Null geht, wird nur sehr zögerlich nachbestellt. Da müssen wir die Buchhändler noch aus der Reserve locken!

Neu ausgelobt haben wir daher in diesem Jahr den Hauptgewinn: Der erste Preis ist eine Veranstaltung mit Verlegern und Autoren der acht Schaufenster-Hessen-Titel, idealerweise im Rahmen der Regionalbuchwochen im September.

Kosten-Nutzen-Verhältnis: Wagen Sie da eine Bilanz?

Wenn man den Begriff Bilanz wörtlich nimmt, muss man ehrlich sagen: Die Zahl der Nachbestellungen muss höher werden, die Rücklaufquote niedriger – auch wenn ich mich für den Peter Meyer Verlag und unsere Wanderführer nicht beklagen kann. Doch genauso gilt: Der Wettbewerb ist Teil der vielfältigen Werbeaktionen, die alle Verlage anbieten – und er ist gerade für die Kleineren eine einmalige Chance, im Buchhandel überhaupt einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und genauso muss man das Gemeinschaftsprojekt auch betrachten: Als Marketinginstrument. Nebenbei bemerkt: Uns allen macht die Aktion einfach auch sehr viel Spaß. Den Zeitaufwand darf man nicht rechnen, und das tun wir auch nicht.

Wie muss ein Schaufenster Hessen dekoriert sein, um eine Chance auf den ersten Platz zu haben?

Wir wünschen uns natürlich, dass alle Titel im Fenster oder auf dem Aktionstisch präsentiert werden – mit einem roten Faden und ein paar dekorativen Objekten. 2017 hätten wir gleich drei erste Preise vergeben können, weil so schöne Ideen dabei waren. Beispiele gibt es auf Facebook. Wer keine Idee hat, aber trotzdem mitmachen möchte – bei dem kommt Größenwahn-Verleger Sewastos Sampsounis persönlich vorbei, um dabei zu helfen, die Bücher in Szene zu setzen.

Sie sind mit dem Peter Meyer Verlag vor einiger Zeit von Hessen nach Rheinhessen in Rheinland-Pfalz umgezogen. Wann gibt es das Schaufenster Rheinhessen?

Da arbeite ich dran. Erste Gespräche hab ich schon geführt, aber ich muss noch genauer erkunden, ob die Region mit ihrer Verlags- und Buchhandelsszene groß genug ist… 

Interview: cro

Mehr zum Wettbewerb "Schaufenster Hessen"

Verlage und ihre Bücher im Aktionspaket

  • axel dielmann – verlag: "Die Grafen Matuschka von Greiffenclau"
  • edition federleicht: "Erstlingswerk". Ein Wiesbaden-Krimi
  • Größenwahn Verlag: "Die Liebenden von Wiesbaden"
  • Henrich Editionen: "Das schnuggelische ABC"
  • Lauinger Verlag: "Kleine Geschichte der Stadt Darmstadt"
  • pmv Peter Meyer Verlag: "Die beliebtesten Wanderwege der Hessen"
  • Societäts Verlag: "100 x Frankfurt. Geschichten aus 1.000 Jahren"
  • Verlagshaus Römerweg: "Die Geschichte Hessens"
  • Plus jeweils 4 Hessen-Titel aus der Backlist

Preisverleihung

  • Die drei Gewinner werden zur Jahrestagung der IG Regionalia am 4. Juni im Frankfurter Haus des Buches eingeladen, bei der sie auch ausgezeichnet werden. 
  • Hauptpreis: Eine Präsentation mit allen Titeln sowie ausgewählten Autoren und Verlegern in der Gewinnerbuchhandlung. 
  • Alle Gewinner erhalten zudem eine Urkunde sowie einen Präsentkorb mit hessischen Spezialitäten.
  • Alle Teilnehmer am Schaufensterwettbewerb können sich mit 50 Prozent Rabatt zur Jahrestagung der IG Regionalia anmelden. Details zum Programm mit Vorträgen und Workshops gibt es hier.