Buchmesse

"Männer sind einfach anders"

14. September 2007
Redaktion Börsenblatt
Der deutsche Lizenzhandel ist fest in weiblicher Hand. Warum sind Männer in diesem Geschäft Mangelware? Das und vieles andere lesen Sie im BÖRSENBLATT-Spezial Buchmesse, das am Dienstag erscheint. boersenblatt.net sprach mit Sabine Dörrich von der Personalagentur für Verlage in Buchbach über die Frauensache Lizenzgeschäft.
boersenblatt.net: Das Lizenzgeschäft ist eine ausgesprochene Frauendomäne - bis in die Führungspositionen hinein. Haben Sie eine Erklärung dafür? Dörrich: Der Lizenzhandel ist in der Tat zu mehr als 90 Prozent in weiblicher Hand - und damit noch deutlicher von Frauen geprägt als die Pressearbeit. Dafür gibt es sicher mehrere Gründe. Einer davon könnte der Verdienst sein. Lizenzfachleute arbeiten für sehr wenig Geld, verdienen weniger als Lektoren oder Hersteller. Wobei sich dabei die alte Frage stellt, was zuerst da war: Henne oder Ei. Sprich: Ist der Bereich deshalb so niedrig dotiert, weil er überwiegend von Frauen frequentiert wird. Oder ist er niedrig dotiert - und deshalb eine Frauendomäne… boersenblatt.net: Gilt das für alle Hierarchiestufen? Dörrich: Nein. In höheren Stufen gleicht sich das Gehalt wieder an andere Verlagssegmente an. Die Lizenzleiterin eines großen Publikumsverlags verdient sicher nicht weniger als der Programmleiter. Aber in den Einstiegspositionen wie der Assistenz ist das finanzielle Niveau auffallend niedrig. Das Paradoxe daran: Gleichzeitig sind viele Lizenzfrauen hochqualifiziert, können hervorragende Studienabschlüsse, beste Sprachkenntnisse und Auslandsaufenthalte vorweisen. Ich erinnere mich an manche Bewerbungen, wo ich dachte: Wow, wie kann jemand in so jungen Jahren schon so viel gemacht haben… boersenblatt.net: Warum nehmen die Frauen das niedrige Gehalt dann in Kauf? Dörrich: Ich denke, weil der Bereich für alle, die eine hohe Affinität zu Sprachen haben, sehr spannend ist. Das Arbeitsfeld macht es ihnen möglich, ihre Sprachkenntnisse excellent anzuwenden. Außerdem lockt die große weite Welt des Auslands, die viele sehr sexy finden. boersenblatt.net: Eigentlich verwunderlich, dass die Verlage so schlecht zahlen. Schließlich ist der Lizenzbereich doch ökonomisch ausgesprochen wichtig… Dörrich: Sicher, aber wenn man gute Leute für wenig Geld bekommt, warum sollte man dann mehr ausgeben? Die Frauen sind einfach glücklich, überhaupt einen interessanten Job im Verlag zu bekommen. Wie er dann dotiert ist – das spielt für sie erst mal keine so furchtbar große Rolle. Männer sind da einfach anders. Die erkundigen sich nach ihrem Marktwert und schlagen dann noch mal 20 Prozent drauf. Sie verkaufen sich besser und verdienen deshalb auch mehr, bekanntermaßen nicht nur im Verlagswesen. boersenblatt.net: Haben Sie überhaupt männliche Interessenten für Positionen im Lizenzbereich? Dörrich: Durchaus, aber sehr vereinzelt. Sprachkenntnisse, Kommunikationstalent, Einfühlungsvermögen im Umgang mit dem Gesprächpartner - das sind alles Fähigkeiten, die im Lizenzgeschäft besonders wichtig sind. Und gleichzeitig klassische, weibliche Stärken. boersenblatt.net: Wie sind die Aufstiegsmöglichkeiten? Dörrich: Sehr begrenzt. Weil es ja auch nicht so viele Führungspositionen gibt. Eine eigene Lizenzabteilung leisten sich nur größere Häuser. Und auch da ist die Lizenzleitung nur einmal zu besetzen. In den klassischen Ressorts wie Lektorat und Vertrieb kann man schneller Karriere machen, weil es dort mehrere Zwischenebenen gibt, etwa die Verkaufsleitung oder die Lektoratsleitung nach Programmbereich. Aber auch das interessiert die junge Dame nicht, die drei Fremdsprachen fließend beherrscht und gerne Auslandskontakte haben möchte. boersenblatt.net: Beobachten Sie bei den Verlagen eine Professionalisierung im Lizenzgeschäft? Gibt es mehr Stellen als früher? Dörrich: Ich sehe da keine drastische Zunahme, habe aber schon den Eindruck, dass inzwischen immer mehr mittelständische Häuser den Lizenzverkauf forcieren. Wohl auch, weil es einige magere Jahre gab, in denen die Ertragslage nicht so gut war. Da liegt es nahe, neue Einnahmequellen zu erschließen. boersenblatt.net: Was muss man für den Lizenzhandel mitbringen, neben Sprachkenntnissen? Dörrich: Kommunikationsfähigkeit, ein gewinnendes Auftreten - und natürlich auch die Freude am Verkaufen. Juristisches Knowhow ist nicht zwingend. Das lernt man im Job. boersenblatt.net: Gibt es den klassischen Karriereweg ins Lizenzgeschäft? Dörrich: Ganz klassisch ist sicher das Sprachenstudium. Es gibt aber auch Lizenzfrauen, die erst in der Programmarbeit waren. Auch für den Einstieg übers Jurastudium haben wir Beispiele in unserer Kartei. Lizenzdamen bleiben ihren Verlagen übrigens in der Regel überdurchschnittlich lange treu, das große Stühlerücken wie im Vertrieb oder im Lektorat gibt es hier nicht. Was auf eine hohe Arbeitszufriedenheit hinweist. Vielleicht weil Lizenzspezialisten viele Gesprächspartner und Bezugspunkte außerhalb des Verlags haben, sich nicht über so viele Dinge ärgern müssen.