Wir müssen noch einmal darauf zurückkommen. Nicht etwa, weil wir inzwischen gemerkt haben, dass Australien doch nicht so weit weg ist, wie man denkt noch einmal so weit, und schon sind wir wieder bei uns , nicht weil wir schadenfroh sind und denken, jedem sein Thalia, na bitte, und vor allem nicht, weil wir denken, wir haben schließlich den Börsenverein, und der wird das nicht zulassen.
Also: Die Tatsache, dass da irgendwo in der Welt wieder mal ein sogenannter Handelsriese übergeschnappt ist, nur weil er der Meinung war, wenn er kann, dann darf er auch, ja muss sogar, sollte uns nicht reflexhaft zu falschen Reaktionen verleiten. Und es waren falsche Reaktionen, die da zu hören und leider auch zu lesen waren, nachdem der Großbuchhändler A & R all jene Verlage, die er schlecht verkauft, mit einer Rechnung beglückt hat, mit der er alle Kosten, ach was, Unkosten unfreundlich zurück- und vorwegerbat, die er hat, um jene Bücher im Sortiment zu halten, die keine Stapel- und leider nicht einmal Häufchenware sind. Einzelstücke halt. Für Einzelkunden, unverschämte.
Jammern hilft nicht, wird da gesagt, und man glaubt, man hört nicht richtig. Wieso ist das Jammern, wenn man gegen solche Verhaltensweisen mit aller Energie protestiert und sagt: Einspruch, Euer Ehren. Man muss darauf grundsätzlich antworten, das versteht sich. Und es ist klar, dass es da keine neuen Antworten gibt, aber die alten haben ja an Triftigkeit auch nichts eingebüßt. Nur muss man weder ein militanter Globalisierungsgegner sein, noch aus lauter Angst vor heuschreckenähnlichen Haifischen mit vorauseilender Anpassung reagieren und meinen, man müsse sich da eben auf etwas rechtzeitig einstellen, was garantiert demnächst unser aller Realität sein wird. Das hatte ja schon bei der Gefährdung des fixen Ladenpreises vor ein paar Jahren zu nichts, und vor allem zu keinen Patentrezepten geführt.
Realität ist, dass es um das Selbstverständnis der Branche als ganzer geht. Realität ist aber auch, das kann und will ja niemand bestreiten, dass Solidarität der Ketten, des Barsortiments und der Verlage nicht zu haben ist, Solidarität der Verlage untereinander aber nichts als Pflicht ist, und das heißt naturgemäß: der großen mit den kleinen. Attacken wie die der Australier sind Attacken gegen verlegerische Arbeit überhaupt.
Kultur ist, wie alle zivilisatorischen Leistungen, etwas, was immer wieder verteidigt werden muss. Vergessen wir nicht, was unserer Branche anvertraut ist: das Alphabet, die Schrift, die Wissenschaft, das Übersetzen, die Fantasie, die Erziehung, die Bilderwelt, um nur ein paar Dinge zu nennen. Und dass nicht das Schlechteste davon das Abseitige, Schwierige und Unverlangte ist, das die Großen (die ja meist auch nur Dicke sind) eh nicht wollen, wissen wir.
Das alles ist nun einmal nicht so gesucht wie Sex, Essen und Geld, ja manchmal ist es sogar überhaupt nicht gesucht, aber wir müssen trotzdem dafür sorgen, dass es gefunden werden kann. Wer sich in unserer Welt auskennt, der weiß doch, dass die sogenannten Kleinen, die Engagierten und Verrückten ihren Teil an den Kosten eh täglich zahlen. Die beuten sich bekanntlich schon selbst aus, und das sollte eigentlich genügen.