Bilanz des ersten wbg-"Wissen"!-Preises

"Wissenschaft spannend vermitteln"

16. Juli 2019
von Börsenblatt
Nach der ersten Verleihung ihres "Wissen!"-Preises Anfang Juni zieht die wbg positive Bilanz. Der Geschäftsführende Direktor Dirk Beenken und Tom Erben, der die Community Relations der wbg verantwortet, planen für den zweiten Jahrgang. Ihr Ziel: noch mehr Beteiligung. - Ein Interview.

Gut ein Monat nach der erstmaligen Verleihung des „Wissen!“ Preises der wbg: Sind Sie mit der öffentlichen Resonanz zufrieden?
Beenken: Absolut! Es war die erste Verleihung dieses von der wbg neu gestifteten Preises. Die weit über 200 Pressenennungen belegen, dass es uns gelungen ist, den Preis in der Öffentlichkeit zu platzieren. Dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung die beeindruckende Rede des Preisträgers Thomas Bauer abgedruckt hat, freut uns besonders. Denn die damit verbundene Wertschätzung für den Sieger ist zugleich eine Bestätigung der Arbeit der Jury-Mitglieder und ihres Vorstands Prof. Dr. Hubert Wolf sowie unseres Konzepts für diesen Preis. Er ist ein Publikumspreis, da die Auswahl des Preisträgers auf die Nominierungen unserer 85.000 Mitglieder und des Buchhandels zurückgeht. Wir sind deshalb in der Tat sehr zufrieden mit der Resonanz.

Ist Ihr Förderverein „Wissen verbindet e.V.“, der die Mittel bereitstellt, auch froh über das Ergebnis?
Beenken: Ja, der wbg-Wissen!Preis, immerhin mit 40.000 Euro dotiert, wird von unserem Förderverein „Wissen verbindet e.V.“ ausgestattet. Ziel des Vereins ist es, die Sichtbarkeit und Relevanz der Geisteswissenschaften in der Gesellschaft zu fördern - das ist mit dem jetzt schon hochangesehenen Preis und vielmehr noch mit dem prämierten Buch von Thomas Bauer rundum gelungen.

Welches Feedback haben Sie aus den Verlagen erhalten?
Beenken: Der Preis hat in meinen Gesprächen im letzten Jahr eine herausragende Rolle gespielt. Das gilt für die Politik ebenso wie für die vielen kleinen und großen Verlage im geisteswissenschaftlichen Umfeld. Es wird überaus positiv wahrgenommen, dass die wbg als Verein sich „verlagsübergreifend“ für das Sachbuch engagiert. Obschon auch das Buch der wbg „Exil unter Palmen“ von Magaly Nieradka-Steiner auf der Shortlist platziert war, profitieren alle nominierten Verlage von der Auswahl und der damit verbundenen Aufmerksamkeit.

Welche Rückmeldungen gab es aus dem Buchhandel?
Erben: Auch hier ist das Feedback positiv, aber es ist noch Luft nach oben. Unser Nominierungs- und Auswahlverfahren gibt dem Buchhandel wie auch den Mitgliedern der wbg ein hohes Mitspracherecht, denn deren Votings zählen jeweils als eigene Jury-Stimme. Daher ist es schade, dass nicht noch mehr Buchhandlungen abgestimmt haben. Wir gehen davon aus, dass die Beteiligung des Handels in der nächsten Runde stärker ausfällt, weil der Preis nun nach der ersten Verleihung bekannter sein wird. Dazu werden auch die rund 100 Shop-in-Shops beitragen, die wir bis Herbst 2020 im Handel platziert haben wollen.

Hat der Preis sichtbare Auswirkungen auf den Verkauf des Siegertitels aus dem Beck-Verlag gehabt?
Erben: Der Beck Verlag hat uns auch im Vorfeld der Verleihung sehr unterstützt, dafür danken wir. André Brenner, Vertriebs- und Marketingleiter bei C.H. Beck, berichtet, dass bereits die Nominierung eine Nachbevorratung im Sortiment mit sich gebracht habe. Durch den Preis sei die Nachfrage für diesen Backlisttitel gestiegen. Dass sich Thomas Bauers Buch nun auch auf der NDR-Bestenliste platzieren konnte, hängt sicher auch damit zusammen, dass der Titel aus dem Herbst 2018 nun wieder in den Fokus gerückt ist. 

Das Sachbuch legt im ersten Halbjahr 2019 einen fetten Umsatzsprung von 11,9 Prozent zu Vorjahr hin (Michelle O. sei Dank). Profitiert die wbg in gleicher Weise wie die Warengruppe insgesamt?
Beenken: Unser Buchgeschäft läuft gut, die Neupositionierung der wbg im Buchhandel ist gelungen. Mit Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers „Angst essen Freiheit auf“ konnten wir die wbg auch im populären Handel sichtbar machen. Momentan erfreut uns der Band „Verrückt nach Karten“ sowie die dreibändige Edition „Europa. Die Gegenwart der Geschichte“, die nur dank der Unterstützung unserer Mitglieder erscheinen kann. Der Fokus der wbg liegt weiterhin darauf, den Buchhandel vor Ort durch unsere „Shop-in-Shops“ zu unterstützen und unsere Mitglieder darüber gezielt in den Buchhandel zu bringen. Der Erfolg unseres Shop-in-Shop-Konzepts gibt uns Recht, wir haben mittlerweile über 20 Präsenzen vereinbart. Durch erhöhte Sichtbarkeit unseres Sachbuch-Sortiments im Buchhandel können wir den Absatz so bei Mitgliedern und Nichtmitgliedern gleichermaßen steigern.

Die Geisteswissenschaften konnten sich nur moderat steigern – um 2,5 Prozent. Braucht es für Erfolge populäre Autoren? Oder kann das wissenschaftliche Sachbuch auch auf anderen Wegen ein größeres Publikum erreichen?
Erben: Ich zögere bei Ihrer Formulierung „das wissenschaftliche Sachbuch“ – üblicherweise sprechen wir von Sachbüchern oder wissenschaftlichen Büchern. Die wbg publiziert bei wbg Theiss Sachbücher und bei wbg Academic harte Wissenschaft. Damit haben wir mit unserer Marke für den Handel Orientierung geschaffen. Zurück zu Ihrer Frage: Wir glauben fest daran, dass Autoren durch gute Bücher populär werden können. Genau das ist die Zielsetzung des wbg-WISSEN!-Preises: Wissenschaft verständlich und spannend zu vermitteln. Das ist übrigens eine Tradition, die die Angelsachsen viel besser beherrschen als wir. Da müssen wir besser werden, denn die Geisteswissenschaften haben etwas zu sagen in unserer Gesellschaft, heute mehr denn je. Wenn dann das Thema und die Art der Darstellung stimmen, können auch hochpreisige geisteswissenschaftliche Titel sehr erfolgreich sein, denn wir haben glücklicherweise eine sehr preisbereite Zielgruppe. Ich denke etwa an die zweibändige Edition „Der vergessene Weltkrieg“ über den Ersten Weltkrieg aus osteuropäischer Sicht - ein Buch bei wbg Theiss, das sich für 80 € im Buchhandel sehr gut verkauft hat.

Alle wbg-Mitglieder und alle deutschen Buchhandlungen durften für die Shortlist mit abstimmen. Wie viele haben sich in den beiden Gruppen jeweils beteiligt?
Erben: Am Nominierungs- und Auswahlverfahren haben sich rund 1.500 Mitglieder der wbg und über 100 Buchhandlungen beteiligt. Um die Beteiligung in der nächsten Runde zu steigern, werden wir nicht zuletzt die Community-Plattform der wbg nutzen, die in diesem Herbst startet. Wir verleihen den Preis alle zwei Jahre, so dass das Nominierungsverfahren für die Verleihung 2021 schon 2020 beginnt. Übrigens kann jeder Mitglied der wbg werden und damit Titel nominieren, das kostet nicht mehr als ein Kinobesuch und fördert die Geisteswissenschaften in Deutschland.

Macht sich die Einbeziehung des Buchhandels auch bei der Inszenierung der Shortlist- und des Siegertitels bemerkbar?
Beenken: Die wbg engagiert sich als größte organisierte Leserschaft Deutschlands mit ihren 85.000 Mitgliedern für die Sichtbarkeit des geisteswissenschaftlichen Sachbuchs. Zu dem aus Mitteln des Vereins „Wissen verbindet e.V.“ bereitgestellten Preisgeld von 40.000 Euro kommen gut und gerne nochmal so viel an indirekten Kosten hinzu. Wir laden den gesamten deutschen Buchhandel zur Teilnahme am Abstimmungsverfahren ein. Demzufolge war die Presseresonanz auf die hochkarätig besetzte Preisverleihung fulminant, die Beiträge sind eine Spitzenwerbung für das Sachbuch. Auch die aktuelle Berichterstattung über das Wachstum des Sachbuchs hat gezeigt, dass die 85.000 Mitglieder des Vereins wbg und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gemeinsam an einem Strang ziehen: wir wollen das Sachbuch voranbringen in der Akzeptanz und Aufmerksamkeit der Medien, der Öffentlichkeit und des Handels.

Die mehrstufige Entscheidungsfindung erscheint recht kompliziert. Wollen Sie das Verfahren vereinfachen?
Erben: Wir empfinden das Verfahren nicht als kompliziert. Man konnte auf einer Website in insgesamt drei Phasen mit wenigen Klicks abstimmen, danach wurde die Jury aktiv. Wovon wir sicher nicht abgehen werden, ist die Beteiligung des Buchhandels und der wbg-Mitglieder. Diese Beteiligung ist einerseits unsere Mission, denn der Preis ist auf Anregung unserer Mitglieder entstanden. Andererseits ist dies unser USP, denn das macht so kein anderer Buchpreis. Die daraus entstandene Vielfalt und Bandbreite an geisteswissenschaftlichen Themen hat uns gleichermaßen überrascht wie für die Zukunft motiviert.

Zu jeder Premiere gehören Learnings. Was wollen Sie aufgrund der Erfahrungen im ersten Jahr das nächste Mal anders machen?
Beenken: Zwei Learnings nehmen wir mit: Wir wollen die Shortlist und den Siegertitel im Buchhandel noch besser inszenieren – mit Werbemitteln und begleitender Kommunikation. Und wir gehen für die Preisverleihung in einen größeren Raum, denn der Einstein-Saal in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften wird im nächsten Jahr nicht mehr ausreichen. Der große Leibniz-Saal ist bereits reserviert.

 

Dirk Beenken ist Geschäftsführender Direktor der wbg.

Tom Erben ist Director Community Relations der wbg.