Björn Bedey (Bedey Media) sagt in einer Mitteilung für den Sprecherkreis der IG Unabhängige Verlage:
"Der Deutsche Verlagspreis ist ein wichtiger erster Schritt in der Verlagsförderung. Es ist der einzige Preis, der auf Bundesebene das Wirken unabhängiger deutscher Verlage würdigt. Er unterstützt die 60 prämierten Verlage finanziell mit über 1 Million Euro. Zudem lenkt er über die Prämierten hinaus die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der gesamten Verlagslandschaft für unser Land. Für die Initiative und Umsetzung des Verlagspreises sind wir der Kulturstaatsministerin Monika Grütters ausdrücklich dankbar und befürworten die Fortführung des Deutschen Verlagspreises im Jahr 2020.
In die Entwicklungsphase des Preises war die IG eingebunden und konnte sich mit Vorschlägen einbringen. Auf unser Bestreben richtet sich der Preis etwa an alle Verlage, egal ob Literaturverlag, Sachbuchverlag, Ratgeberverlag, Fachbuchverlag oder Kinderbuchverlag. Auch die breite Streuung der finanziellen Zuwendung auf 60 Verlage und die Jahresumsatzbeschränkung auf bis zu 3 Millionen Euro war der IG ein wichtiges Anliegen.
Die Kritik an dem Preis aus den eigenen Reihen nehmen wir ernst und diskutieren diese offen. Die sehr angespannte wirtschaftliche Situation vieler Verlage und die Frustration angesichts der sich seit Monaten zuspitzende Rechts- und Wirtschaftslage befördert die Kritik an dem Preis und an fehlenden umfassenden Fördermaßnahmen zugleich. Sowohl der Kritik als auch der Forderung nach besserer Unterstützung müssen wir uns stellen.
Der deutsche Verlagspreis kann die dringend notwendige strukturelle Förderung der unabhängigen Verlage in Deutschland nicht ersetzen – dies muss mit Nachdruck der Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen und von der Politik eingefordert werden. In Deutschland werden seit Jahrzehnten zahlreiche kulturschaffende Branchen unterstützt; in Europa werden in zahlreichen Ländern Verlage gefördert – in Deutschland fehlte diese Förderung bisher gänzlich. Die Verlagsbranche ist zu Recht stolz, bisher ohne Förderungen ausgekommen zu sein – dies ist aber unter den sich verändernden Bedingungen nicht mehr möglich. Die Gesellschaft muss sich fragen, was ihr eine vielfältige Verlagslandschaft wert ist und diese entsprechend schützen."
Was weiter geschah, kann ich keinesfalls teilen: Ein maßloser Sturm der Entrüstung, ein Hauen und Stechen und Raunen, das nicht vor Verschwörungstheorien Halt macht: Da würden die kleinsten Kleinen mit Füßen getreten, eine große Mauschelei das alles.
Insofern Verlagsmenschen zu Wortäußerungen neigen und ihre Taschen klamm sind, mag das Ausmaß der abgegebenen Kommentare kaum überraschen. Überraschend und sogar beschämend finde ich aber den Furor, mit dem sich hier einige zu Wutbürgern des Verlagswesens machen. Die IG hat beim Zustandekommen des Preises mit Vorschlägen mitgewirkt, die Kurt-Wolff-Stiftung (KWS) – zu deren Kreis von rund 100 Unterstützerverlagen auch meiner zählt, um es gleich offen zu sagen – hat das Zustandekommen maßgeblich mitinitiiert. Nicht nur die ausgezeichneten Verlage, sondern ALLE, die nun eine Chance auf Förderung und erhöhte Sichtbarkeit haben, sollten für dieses kulturpolitisches Engagement schlicht danke sagen.
Ebenso zu danken ist in der Tat auch Kulturstaatsministerin Grütters, die den Deutschen Verlagspreis und die mit ihm verbundene Förderung in kürzester Zeit realisiert hat, weil hier das Gebot der Stunde verstanden wurde: Die Etablierung dieses Preises stellt eine Soforthilfe für Unabhängige Verlage dar, die bei aller Wirtschaftlichkeit eben auch Kulturschaffende sind und bei denen im Zuge der Marktkonzentration und damit verbundener Umbrüche der Druck steigt. Es geht um ein politisches Instrument für den Erhalt dieser vielfältigen Verlagskultur!
Möglicherweise macht auch ein Verlag, der nur ein, zwei Titel pro Jahr verlegt, tolle Bücher, warum denn nicht. Gleichwohl gibt es gute Gründe, bei der Preisvergabe neben der schöpferischen Leistung Mindestkriterien wirtschaftlicher und vertrieblicher Ernsthaftigkeit anzulegen. Nichts gegen Liebhaberei, aber wenn ein Unabhängiger Verlag im Buchhandel bestehen will und dafür erhebliche Zeit und Kosten für
– eine professionelle Verlagsauslieferung, Verlagsvertretungen, Vorschauzauber auf sich nimmt, Handels- und Barsortimentskonditionen einräumt, etc. (statt die Sortimente quasi zu umgehen) und gar noch Buchmessepräsenz betreibt,
– wenn er auf gute Herstellung und Ausstattung achtet und Geld für angemessene Auflagen in die Hand nimmt, statt es pfiffig zu finden, bei einem der Marktbeherrscher risikofrei „Books on Demand“ drucken zu lassen (was für vergriffene oder höchst spezielle Titel durchaus eine Option sein kann) und seine verlegerische Unabhängigkeit damit freimütig an Konzerne abzugeben, deren Strategien absehbar die gesamte Branchenstruktur untergraben werden,
– wenn er Honorare für AutorInnen, für Übersetzungen und Lektorate und Korrektorate und für Grafisches, dazu Lizenzgebühren und ja, sogar Löhne stemmen muss, von denen Menschen leben, die für ihn arbeiten,
– dann bewegen wir uns auf dem weiten Feld verlegerischer Professionalität.
Grundsätzlich treffen solche Kriterien auf Verlage der KWS zu. Die Wahrscheinlichkeit, unter ihnen auf Preisträger zu stoßen, ist daher in etwa so hoch, wie in der Metzgerei auf Wurst.
Die Wut und der Neid, die sich in den letzten Wochen erhoben haben, machen mich traurig. Es ist glasklar, dass auch die leer ausgegangenen Verlage Förderung brauchen. Es ist ebenso glasklar, dass es mehr als 60 preiswürdige Unabhängige Verlage gibt. Und wer auch nur einen Hauch von Ahnung hat, weiß, dass einmalige 15.000,- EUR, ja, sogar 60.000,- EUR nur ein mäßiger Geldsegen sind. Unter den Unabhängigen Verlagen gilt es nun, all das im Zusammenhang zu betrachten, die Intention zu begreifen und einen Ausbau der Förderung wie auch die konkrete Verbesserung ihrer Bedingungen zu erreichen, statt diesen ersten Schritt in die richtige Richtung mit Misstrauen zu überziehen und sich untereinander der erschlichenen Vorteilsnahme zu verdächtigen.
das Ende des Glücks und der
Anfang der Unzufriedenheit.