Zehnter Geburtstag der Buchhandlungskooperation 5plus

Heller strahlen

6. November 2019
von Stefan Hauck
Seit zehn Jahren machen literarische Sortimente gemeinsame Sache(n): eine Bilanz der Buchhandlungskooperation 5plus. 

Ein großes Fest bei Rowohlt – mit 150 Weggefährten aus der Branche: Das war das sichtbare Zeichen  zum zehnten Geburtstag von 5plus. "Rowohlt hatte angeboten: Feiert das Jubiläum doch bei uns!", so Michael Lemling, Geschäftsführer der Münchner Buchhandlung Lehmkuhl, über das Treffen am 24. Oktober in Hamburg. Die Hansestadt ist ohnehin ein Fixpunkt der sieben literarischen Sortimente, die sich zu den 5plus zusammengeschlossen haben: Zum einen war der 2016 verstorbene Wilfried Weber von der Hamburger Buchhandlung Felix Jud der Spiritus rector der Kooperation, zum anderen finden sich alle Mitglieder im Frühjahr und im Herbst bei Gestalter Rainer Groothuis ein, um das nächste "5plus-Magazin" inhaltlich vorzubereiten. So haben die beteiligten Sortimenter am Tag der Feier denn auch von 11 bis 15 Uhr Pläne für die nächste Ausgabe geschmiedet – und das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden.

Ansonsten trifft sich die Gruppe reihum, "gern mit Abendveranstaltung", erzählt Lemling, der zu einem Treffen in München etwa schon Hanser-Verleger Jo Lendle, Callwey-Verlegerin Marcella Prior-Callwey und C. H. Beck-Verleger Jonathan Beck eingeladen hat. "Kontakt­pflege und ein kurzer Draht zu den Verlagen sind wichtig, auch für unser Magazin", sagt Lemling, "da wissen wir frühzeitig, welche Titel erscheinen."

Eine Buchhandlung wie Lehmkuhl, die auch bekannte Autoren zu ihren Stammkunden zählt, ist für Ulrich Dombrosky von der gleichnamigen Buchhandlung in Regensburg "schon eine andere Nummer". Er selbst müsse andere Kontakte bemühen, "weil ich in Regensburg nicht den Charme der kurzen Wege habe". Dessen ungeachtet werde jedes einzelne Mitglied in der 5plus-Runde wertgeschätzt: "Wir mögen uns."
 
Wilfried Weber hatte 2009 die Buchhandlungen Klaus Bittner in Köln, Lehmkuhl in München, die Freiburger Buchhandlung zum Wetzstein und Fürst & Iven in Berlin als Mitstreiter gewonnen. Der Name 5plus machte von Anfang an deutlich: Die Zahl ist nach oben offen. "Wir wollen keine Gschaftlhuberei, keine Machtspielchen. Wir wollen uns auch nicht über ein Gefeilsche um Rabatte und Konditionen definieren", hatte Weber damals als Devise ausgegeben. Wie sieht die Bilanz nach zehn Jahren 5plus aus? "Das Licht jeder einzelnen Buchhandlung strahlt durch das Renommee der anderen heller", meint Lemling. Die Gruppe pflege ein starkes Bekenntnis zum traditionellen Buchhandel, schwenke trotz Digitalisierung nicht einfach zur flächendeckenden Frontalpräsentation um – was manche vielleicht Old School fänden. Unverändert stehe der Kunde im Mittelpunkt: "Wir kennen die meisten mit Namen und ihrem Leben."

Dass diese Kunden auch 5plus als Netzwerk wahrnehmen, erfahren die Buchhändler immer wieder. "Es gibt Leute, die beim Besuch einer anderen Stadt unsere Buchhandlungen aufsuchen, da hat sich ein regelrechter 5plus-Tourismus entwickelt", beschreibt Marina Krauth von Felix Jud das Phänomen. Oft merkt sie es nur, wenn sie fragt: Kennen Sie schon unser Magazin?, und der Käufer antwortet: Das habe ich schon bei Bittner in Köln mitgenommen ... Krauth will nun eine "Reisepostkarte" reaktivieren, wo Kunden ihren Sortimentsbesuch abstempeln lassen können.

Als großes Plus sieht Krauth die eigene Buchedition, die es exklusiv nur in den 5plus-Läden gibt: "Sie hat teilweise Kultstatus." Aktuell erscheinen unveröffentlichte Erzählungen von Georges ­Simenon (Kampa), einige Schriftsteller wie Michael Köhlmeier haben eigens für 5plus geschrieben und eine Lesereise absolviert. Solch einen Autor zu finden, ist nicht immer einfach: "Viele sind eher an größeren Texten interessiert, viele fühlen sich stark ihren Verlagen verpflichtet", bilanziert Dombrowsky.

An welchen Stellschrauben wollen die 5plus-Buchhändler für die Zukunft drehen? "Unser Internetauftritt muss verbessert und wir müssen mit unseren Buchempfehlungen aktueller werden", erklärt Lemling. "Wir könnten auch twittern und instagrammen, aber es muss auch vom Arbeitsvolumen her zu schaffen sein", meint Krauth. "Da machen wir lieber eine Veranstaltung mehr – das ist unsere Kernkomeptenz." Das Unmittelbare, die Nähe zum Autor zähle. "Wir wollen uns weiterentwickeln, klar, und da spielt das Magazin als Aushängeschild eine wichtige Rolle", bekräftigt Dombrowsky. Für die reibungslose Kommunikation und die Zusammenarbeit am Magazin sorgt Felix-Jud-Buchhändlerin Karen Baum, deren 5plus-Arbeitsanteil finanziell künftig alle gemeinsam tragen wollen.

Wo will 5plus in zehn Jahren stehen? "Das entwickelt sich", meint Marina Krauth, "man kann heute kaum noch in solchen Zeiträumen denken, man muss schnell reagieren." Mit Sicherheit werde das Haptische als Medium Bestand haben: "Da liegen wir mit dem Magazin und der Edition richtig." Gerade mit Blick darauf, dass die Freiburger Buchhandlung zum Wetzstein aufhört und einige der Buchhändler 60 werden oder schon sind, will die Gruppe aktiv neue Buchhandlungen akquirieren, wie Michael Lemling sagt. Es dürften gern drei, vier neu dazukommen: "Nicht schrumpfen, sondern wachsen." Eine größere Reichweite und höhere Auflage des Kundenmagazins sei auch für die Verlage attraktiv, ergänzt Dombrowsky. Zu viele Mitglieder dürfe die Gruppe allerdings auch nicht haben, schränkt Marina Krauth ein, "sonst bräuchten wir eine andere Organisationsform".

Nach welchen Kriterien wählen sie neue Kollegen aus? "Die Buchhandlung muss literarisch sein, einen guten Ruf und eine gewisse Größe haben, eine ­Institution in der Stadt sein – und wir müssen menschlich zusammenpassen", erklärt Lemling. Neue Regionen wären gut, "und wir wollen den Blick auch auf die östlichen Bundesländer richten", sagt Dombrowsky.

Mit einigen "ausgeguckten" Buchhandlungen wolle man Kontakt aufnehmen, "aber letztlich müssen wir sie vor Ort besuchen und die Stimmung dort spüren", betont Dombrowsky. Das Miteinander zählt. "Unsere Buchhandlungen sind sehr stark durch die Inhaber geprägt – deswegen muss es menschlich passen. Der Zusammenklang verschiedener Stimmen prägt diese Runde, und wir diskutieren Themen auch aus."

Beim Blick nach vorn steht das Realistische im Vordergrund: "Wir sind mit dem, was wir alles tun, gut ausgelastet", resümiert Dombrowsky. "Wir sind Individualisten, jeder hat seine eigenen Ideen und einen vollen Terminkalender", fügt Krauth hinzu. "Deshalb: Alles, was wir angehen, muss auch machbar sein."

5plus-Buchhandlungen
  • Buchhandlung Klaus Bittner, Köln (seit 2009)
  • Buchhandlung Dombrowsky, Regensburg (seit 2013)
  • Fürst & Iven, Berlin (2009 – 2011)
  • Felix Jud Buchhandlung, Hamburg (seit 2009)
  • Buchhandlung Lehmkuhl, München (seit 2009)
  • Leporello – die Buchhandlung, Wien (seit 2011)
  • Librium, Baden bei Zürich (seit 2013)
  • Schleichers Buchhandlung Kohlhaas & Company, Berlin (seit 2012)
  • Buchhandlung zum Wetzstein, Freiburg (seit 2009, schließt zum
    31. Dezember)