Amazon baut einen Flughafen

Höher, schneller, weiter

7. Januar 2020
von Börsenblatt
Der Onlinehändler Amazon baut in den USA am ersten eigenen Flughafen. Nächstes Jahr soll in Cincinnati Eröffnung gefeiert werden. Aber schon jetzt hat Amazon 60 Flieger im Himmel.

Im Dezember 2013 warteten nach heftigen Schneestürmen in den USA die Amazon-Kunden in den Staaten vergeblich auf ihre bestellten Geschenke. Schon länger war den Logistikern von Firmengründer und Raketenbauer Jeff Bezos die Abhängigkeit von anderen Frachtlinien ein Dorn im Auge – allein der hohen Kosten wegen, aber auch wegen der Geschwindigkeit: Bekanntermaßen setzt Amazon die Konkurrenz durch seinen Expresslieferservice Prime massiv unter Druck – und fängt gleichzeitig neue Kunden für seinen kostenpflichtigen Prime-Service.

Um schneller und unabhängiger zu werden, startete Amazon darum die Aktion „Aerosmith“, zunächst ganz heimlich. Im Sommer 2015 war Amazon – in Kooperation mit Atlas Air und dem Leasingunternehmen Air Transport Services Group bereits soweit, dass durchschnittlich im Zweiwochentakt eine neue Maschine für die eigene Flotte dazu kam, geleaste Boeings von seinen Partnern. Abgewickelt wurde bis dato der Frachtverkehr über ein Lager am Flughafen von Wilmington.

Rapides Wachstum 

Inzwischen ist die eigene Flotte auf mehr als 60 Flieger angewachsen, an 20 Flughäfen in den USA startet und landet das Unternehmen schon. Amazon Air heißt das Programm – und dieser Schriftzug steht auch auf den blau gestrichenen Boeings. Im Juni 2018 dann der Coup: Amazon kündigte an, schnellstmöglich einen eigenen Flughafen eröffnen zu wollen. Seitdem baut der Onlineriese in Cincinnati derzeit für 1,5 Milliarden Dollar am eigenen Airport – und kassierte staatliche Millionenförderungen. Zur Eröffnung im kommenden Jahr sollen zunächst 100 Frachtflugzeuge im Einsatz sein – Amazon hat aber Ausbaumöglichkeiten um bis zu 400 Flieger einsetzen zu können. Sollte es soweit kommen, wäre Amazon der zweitgrößte Flugfracht-Betreiber der Welt. Aktuell belegt der Onlinehändler Rang 5. Experten gehen davon aus, dass der Alles-Händler Amazon in einem zweiten Schritt weitere Erlösquellen rund ums Thema Reisen aufbauen wird. Und dann gibt es ja noch die ambitionieren Pläne für das Drohnenprogramm Prime Air. 

Preis der Geschwindkeit?

Für Schlagzeilen sorgte indes der katastrophale Absturz einer Frachtmaschine von „Amazon Air“ in Texas. Drei Insassen starben dabei im Februar 2019. Negativpresse gab es auch kurz vor Weihnachten – aber nicht durch die angekündigten Streiks der Logistikmitarbeiter zum Black Friday in Deutschland, sondern wieder in den USA durch eine Recherche von BuzzFeed und ProPublica zu Amazons eigenem Paketdienst: Dort soll der Druck auf die Fahrer zu einem Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung geworden sein. Laut Artikel waren Amazon-Fahrer in den USA seit 2015 an 60 Autounfällen mit schweren Verletzungen beteiligt, bei 13 davon kamen sogar Menschen ums Leben. Die Dunkelziffer könnte noch höher liegen – Amazon bestreitet, mit Sicherheitsfragen lax umzugehen.