Corona-Krise: Umbreit-Geschäftsführer Clemens Birk im Gespräch

"Das B2B-Geschäft geht um 70 Prozent zurück"

23. März 2020
von Börsenblatt

Die Barsortimentsumsätze brechen ein, die Verlegerbeischlüsse gehen in die Knie: Dennoch, Umbreit hält die Lieferkette für seine Kunden aufrecht, wenngleich der Lieferungsrhythmus geändert wird. Umbreit-Chef Clemens Birk im Interview.

Wie hat sich in den letzten Tagen das Volumen im Barsortiment verändert?
Wir rechnen damit, dass das Geschäft im B2B-Bereich um 70 Prozent zurückgehen wird. Im stationären Handel fehlen einfach auch die Impulskäufe, das wird selbst der boomende Online-Handel nicht kompensieren können.

Wie sieht es bei den Verlegerbeischlüssen aus?
Viele Verlagsauslieferungen rechnen mit Umsatzrückgängen in Höhe von 75 Prozent. In der Folge transportieren wir kaum noch Verlegerbeischlüsse und damit wird der Bücherwagendienst, der ohnehin schon hoch defizitär ist, zusätzlich belastet.

Wer kommt für die jetzt noch weiter steigenden Transportkosten durch das geringere Transportvolumen auf?
Umbreit! Unsere Quersubventionen steigen dramatisch und Preiserhöhungen sind in dieser Situation unseren Kunden nicht zuzumuten.

Wie lange reichen Ihre Rücklagen?
Selbst wenn Buchhandlungen im schlimmsten Fall drei Monate geschlossen wären, bin ich sehr zuversichtlich, dass wir die Krise überstehen können. Eine entscheidende Frage ist aber, wie lange der Atem unserer Kunden reicht und eine Schließung über den April hinaus möchte ich mir gar nicht ausmalen.

Sie wollen den Belieferungsrhythmus ändern. Ab wann stellen Sie um?
Für den Rest dieser Woche liefern wir noch täglich aus, haben aber die Montagsbelieferung bereits eingestellt. Aus heutiger Sicht werden wir ab der nächsten Woche dreimal in der Woche zustellen, sind aber in der Lage kurzfristig zu reagieren, falls die Umsatzentwicklung von unseren Erwartungen abweicht.

Viele Buchhändler fragen notgedrungen nach längeren Zahlungszielen. Gewähren Sie diese?
Das ist nicht ohne Rücksprache mit unserer Kreditversicherung umzusetzen. Dennoch werden wir jede Anfrage sorgfältig prüfen und im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen. Auch wir benötigen die nächsten Wochen und Monate ausreichend Liquidität. 

Wie läuft das Online- und Direktversandgeschäft?
Das B2C-Geschäft geht gerade durch die Decke. Wir haben 150 Prozent mehr Volumen als an den stärksten Tagen im Weihnachtsgeschäft. Glücklicherweise arbeiten wir seit Februar mit einer neuen und sehr leistungsfähigen Fördertechnik. Aber: Das Geschäft ist aufwändig, kleinteilig und nicht mit der Produktivität abzuarbeiten, wie wir sie im Barsortiment kennen. Aus diesem Grund werden wir und andere Onlinehändler die sehr kurzen Lieferzeiten nicht immer einhalten können. Das sollte aber kein Problem sein, denn unsere Endkunden sind hoffentlich in dieser Ausnahmesituation kulant.

Wird der B2C-Bereich so stark bleiben?
Ich befürchte, dass das derzeitige Bestellvolumen mit weiterhin geschlossenen Buchhandlungen dauerhaft nicht auf einem sehr hohen Niveau gehalten werden kann. Falls ich mich täusche, bin ich sehr froh. 

Werden Sie Kurzarbeit anmelden?
Wir werden ab April für Teilbereiche Kurzarbeit beantragen und umsetzen. Den Umfang dieser Maßnahme legen wir in enger Absprache mit unseren Führungskräften fest.

Wie sieht es mit staatlicher Hilfe aus?
Was angeboten wird, werden wir beantragen. Das sollte im Übrigen jeder tun. Es ist nur fraglich, wie schnell die vielen Anträge bearbeitet werden können und die Unterstützung in den Unternehmen ankommt.