Lockdown-Praxis

Buchhandlung zu, doch der Laden läuft

31. März 2020
von Börsenblatt
Die meisten Buchhandlungen müssen die Ladentür verschlossen halten. Was dem Umsatz helfen kann, ist ein gut gepflegtes Netzwerk und die Kooperation mit Nebenmärkten. 

Seit mehr als vier Jahren bestückt Sara Willwerth die Bücherregale in zwei REWE-Filialen, deren Inhaber Erich Stockhausen ein ausgeprägtes Interesse an regionalen Kooperationen hat. Die Regale mit viel Unterhaltung, Krimis, Bestsellern werden seit dem Shutdown nahezu aller sonstigen lokalen Einkaufsmöglichkeiten für Bücher nun häufiger bestückt. Über den Umsatzzuwachs dieses Segments im Vergleich zum Regelbetrieb kann Willwerth allerdings noch keine Angaben machen: „Ich habe noch gar keine Zeit, mich damit zu befassen. Mit einem Kernteam arbeiten wir rund um die Uhr die sonstigen Bestellungen ab – Tüten packen, Rechnungen schreiben, ausliefern.“

Der Lieferservice wird von den Kunden gern in Anspruch genommen, nicht nur die Lieferung an die Haustür, besonders auch die Möglichkeit, im REWE an der Lottoannahmestelle beispielsweise die Schullektüre abzuholen. Und Schullektüre ist gerade sehr gefragt: „Die Corona-Krise scheint die größte Leseförderung seit Jahren zu sein!“ lacht Willwerth. Dennoch reicht der Umsatz während des Lockdowns nicht an die sonstigen Einnahmen heran. Da zählt alles: „Wir kooperieren auch mit der Gemüsehandlung drei Häuser weiter – die räumliche Nähe macht es den Kunden leichter, dort etwas abzuholen und unseren Laden dennoch nicht zu vergessen.“

Da zahlt sich aus, dass Sarah Willwerth in den vergangenen Jahren sehr aktiv in der Werbegemeinschaft Hochdahler Markt mitgearbeitet hat, das Netzwerk aus Einzelhändlern ist jetzt Geld wert. „Allein mit der Abholstation Gemüseladen machen wir immerhin 500 bis 600 Euro Umsatz täglich – das rettet uns, zumindest ein bisschen!“ Die Nachfrage zu fördern, ist das Gebot der Stunde. „Man lernt dazu“, so Willwerth. "Info-Flyern zu Bestell- und Liefermöglichkeiten liegen an der Tankstelle und der Apotheke aus – einfach überall, wo noch offen ist!“ So können auch Neukunden gewonnen werden. Und auch digital wird alles ausgereizt: „Seit Neuestem mache ich Youtube-Videos und empfehle von zuhause aus Bücher – Homestories.“

Beate Janning betreibt im Münsterland zwei Buchhandlungen: Bücher Janning in Havixbeck und Bücher Janning in Altenberge. Schon kurz vor dem Lockdown hat Beate Janning sich mit dem Inhaber des „Weingartens“ auf eine Kooperation bei Lieferfahrten verständigt – und die Kombination von Büchern und Wein wird von den Kunden beider Unternehmen sehr goutiert. Was auch hilft: Bestellte Bücher bei einer der beiden Tankstellen im Ort zur Abholung bereit zu legen – praktisch vor allem für späte Kunden, denn die Tankstelle hat bis 21 Uhr geöffnet. Noch besser die Zusammenarbeit mit der zweiten Tankstelle im Ort: Beate Janning wurde angeboten, eins der Regale zu füllen. Nun verkauft die Tankstelle neben dem üblichen Sortiment auch Bücher zur Unterhaltung und Kinderbeschäftigung. „Man hat Möglichkeiten, die muss man auch nutzen!“, meint Beate Janning.

Bei der Kooperation mit Nebenmärkten ist Umsicht wichtig: „Buchhandlungen sind sehr kreativ“, weiß Berater Jörg Winter von seinen Kunden. „Doch bei geplanten Kooperationen sollte man sich mit den örtlichen Behörden und dem Ordnungsamt abstimmen. Die Vorschriften für den Lockdown variieren, teilweise sogar innerhalb eines Bundeslands.“