Interview mit eBuch-Vorständin Angelika Siebrands

"Wir haben unsere hohe Leistungsfähigkeit bewiesen"

28. April 2020
von Börsenblatt
Seit zwei Wochen haben die meisten Buchhandlungen wieder geöffnet, die Nachwehen des Shutdowns aber sind überall zu spüren. Dennoch: Der Buchhandel habe neue Kunden gewonnen und Großartiges geleistet, sagt eBuch-Vorständin Angelika Siebrands im Interview mit Börsenblatt Online. 

Wie ist die Stimmung bei den Buchhändlern der eBuch?
Die Stimmung bei unseren Mitgliedern ist überwiegend verhalten optimistisch, denn sie haben gesehen, wie wichtig Bücher für die Konsument*innen in der Krise sind. Viele Kunden haben den Buchhandel (wieder)entdeckt, die Buchhändler*innen berichten von neuen Kunden, die sie in den letzten Wochen gewinnen konnten und die wir hoffentlich auf Dauer halten werden können. Wir haben uns während des Shutdowns bestmöglich präsentiert und unsere hohe Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. In puncto Kundenorientierung haben wir damit einen großen Schritt nach vorn gemacht. Der Preis dafür war und ist natürlich ein extrem zeitaufwändiger Einsatz. Aber die Kunden wissen das zu schätzen und haben es auf unterschiedlichste Weise zum Ausdruck gebracht mit Trinkgeldern, großzügig aufgerundeten Rechnungen, Blumen oder Pralinen.

Und die wirtschaftliche Seite?
Beim Umsatz sind unsere schlimmsten Befürchtungen glücklicherweise nicht eingetreten. Im Buchbereich lagen die Rückgänge bei unseren Mitgliedern vom 1. März bis 22. April bei Werten um die 20 Prozent. Allerdings ist das Non-Book-Geschäft, das für die Wirtschaftlichkeit so wichtig ist, fast auf Null zurückgegangen. Die großen Anstrengungen der Buchhändler haben sich aber unter dem Strich gelohnt, für geschlossene Läden sind das geradezu phänomenale Zahlen. Unseren Buchhändler*innen kam dabei zu Gute, dass sie sich voll und ganz auf das Verkaufen konzentrieren konnten. Anabel und Angebote wie genialokal funktionierten, die Belieferungszeiten von Libri waren nur wenig reduziert, der bedarfsgerechte Einkauf lief, das war eine große Erleichterung.

In welchem Umfang sind bisher Hilfen für die eBuch-Buchhändler geflossen?
Die Mitglieder haben uns rückgemeldet, dass die Soforthilfen zum Teil bereits eingetroffen sind, zum Teil noch ausstehen. Bei vielen Buchhändlern bedeuten sie allerdings nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Das Geld geht schnell weg für Personal, Miete, Nebenkosten und rettet nicht langfristig. Von den Kolleg*innen, die KfW-Darlehen in Anspruch nehmen möchten, berichten viele von einem sehr zähen Prozess seitens der Banken, dabei ist es doch so wichtig, dass die Liquidität in den nächsten Wochen bereitgestellt wird.

Wie sieht es mit dem Kurzarbeitergeld aus?
Das steht bei vielen Buchhändler*innen ebenfalls noch aus, wenngleich sie es schon vor Wochen beantragt haben. Aus Baden-Württemberg beispielsweise hören wir von Bearbeitungszeiten zwischen sechs und acht Wochen. Bislang müssen viele Buchhandlungen das Geld noch vorstrecken, was natürlich eine Herausforderung ist.

Auf welche Weise engagieren sich die Verlage, um den Buchhandel zu unterstützen?
Die Verlage sind sehr bemüht, im Gespräch zu bleiben und mit den Buchhändler*innen konstruktiv zusammenzuarbeiten. Vor allem die kleinen und mittleren Verlage, die es selbst schwer haben, bemühen sich um gute Lösungen für beide Seiten, etwa um Sonderaktionen. Sie stehen ja vor denselben Herausforderungen wie wir Händler. Wir von eBuch-Seite haben anders herum versucht, so wenig wie möglich an den Zahlungsflüssen zu verändern und regulär die Rechnungen bezahlt. Überhaupt: Die Branche ist in den letzten Wochen noch weiter zusammengerückt. Logistik, Verlage, Buchhandel und natürlich die Kunden sind eine sehr enge, gut funktionierende Gemeinschaft. Vielleicht ermöglicht diese Krise einen anderen Blickwinkel auf die Leistungen der unabhängigen Buchhändler*innen.

Welche Folgen wird die Corona-Krise auf längere Sicht für den Buchhandel haben?
Noch ist es zu früh, um zu sagen, ob alle Sortimenter*innen es schaffen werden. Wessen Geschäft schon früher auf der Kippe stand oder wer sich bereits mit dem Gedanken trug, seine Buchhandlung zu schließen, wird das jetzt vielleicht eher tun. Im Moment haben wir jedoch einen sehr positiven Eindruck, dass wir als Gemeinschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen werden. Wir haben noch keine Anzeichen für Geschäftsaufgaben erhalten. Aber natürlich wird eine große Rolle spielen, wie sich in den nächsten Monaten das Konsumverhalten entwickeln wird. Nicht nur in dieser Beziehung blicken wir alle in eine große Glaskugel. Seriös werden wir erst am Ende des Jahres Bilanz ziehen können.

Über die ebuch
Die eBuch eG ist die größte Verbundgruppe und größte Einkaufsgemeinschaft im deutschen Sortimentsbuchhandel. Mehr als 850 Mitgliedsbuchhandlungen profitieren neben ihrem Warenbezug über die Einkausfsystem anabel zusätzlich von einem breiten Angebot an Dienstleistungen für den buchhändlerischen Alltag.