Gastspiel von Isabella Caldart

Nicht mal ein Like

22. Mai 2020
von Börsenblatt

Bookstagramer*innen werden von Belletristikverlagen kaum beachtet: Diese Erfahrung macht Isabella Caldart, freie Journalistin. Hier erklärt sie, warum sie das ärgert – und was sie sich wünschen würde.

Eigentlich ist diese Debatte alt. Sie ist nur eine abgewandelte Form der ewigen Frage: Welchen Stellenwert haben Blogger*innen in der Buchbranche? Oder aktualisiert: Wieso wird Bookstagramer*innen so wenig Wertschätzung entgegengebracht?

Über Monate hinweg beobachtete ich, dass meine Instagram-Posts von Belletristikverlagen so gut wie gar nicht geteilt wurden. (Für alle Skeptiker*innen unter Ihnen sei mir die Randbemerkung erlaubt, dass die Bildunterschrift, die sogenannte Caption, 2 200 Zeichen zulässt, die von vielen, so auch mir, voll ausgenutzt werden, es also nicht unbedingt um »hübsch inszenierte« Fotos geht.) Und das Problem habe nicht nur ich: Auch bei den Bookstagramer*innen, denen ich folge, nahm ich seitens der Verlage so gut wie keine Reaktion wahr, ob Reposts oder Teilen in den Storys, durch einen knappen Kommentar oder wenigstens ein Like. Fehlanzeige, zumindest in den meisten Fällen.

Vor wenigen Tagen dann machte ich meinem Ärger Luft, indem ich genau das in einem Instagram-Beitrag bemängelte. Die Resonanz darauf überrannte mich vollkommen. »Du sprichst mir aus der Seele«, hieß es vielfach, gerade die fehlende Wertschätzung wurde in fast allen Antworten und Privatnachrichten, die mich erreichten, erwähnt. Mit dem Frust über die fehlende Anerkennung der investierten Zeit und Leidenschaft stehe ich also nicht allein da. Im Gegenteil.

Das Professionalisierungsparadox 

Ich möchte an der Stelle betonen, dass es sich zwar um einen allgemeinen Frust handelt, niemand in der Bloggerszene aber verallgemeinern möchte. Es gibt durchaus einige Verlage, die reagieren und teilen. Erfahrungsgemäß sind das übrigens eher die kleinen als die großen, ein Phänomen, das eine Bookstagramerin mit dem Wort »Professionalisierungsparadox« umschrieb: Dort, wo es Stellen für Blogger Relations gibt, wird nicht unbedingt professioneller mit Blogger*innen umgegangen.

Was also können Verlage auf Social Media besser machen? In erster Linie müssen sie sich überlegen, ob sie rein informative Kanäle haben möchten, in denen allein die Bücher beworben werden, oder ob sie das »Social« im Wortsinn nehmen und interagieren, auf die Bookstagramer*innen eingehen.

Das bedeutet natürlich nicht, dass wahllos alle Beiträge geteilt werden sollen, aber jene mit Mehrwert, etwa mit Besprechungen oder Interviews, auch im Verlagskanal zu verbreiten – das ist doch eine absolute Win-win-Situation. Wieso nicht diese kostenlose Werbung teilen, denen viele Follower*innen Vertrauen schenken? Dies nicht zu tun ist verschenktes ­Potenzial. Davon abgesehen wären viele Bookstagra­mer*innen schon mit einem simplen »Danke« oder einem Like zufrieden, was jeweils nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Geschieht das nicht, kommt schnell das Gefühl auf, Verlage achteten nach wie vor die Meinung der Bookstagramer*innen nicht und legten nur Wert auf das Feuilleton. Und das, obwohl, wie viele betonen, gerade Instagram Inspiration liefert und zu Buchkäufen anregt.

Bei all der Kritik, die ich hier formuliere, möchte ich den Text versöhnlich enden lassen: Bei mir haben sich Mit­arbeiter*innen aus mehreren Verlagen gemeldet, die sich dafür bedankten, dass ich das Problem sichtbar gemacht habe, und die versprachen, sich intern damit auseinanderzusetzen. Also freuen wir uns zukünftig auf eine verbesserte Zusammenarbeit!