Die Damen vom Bestattungsinstitut warfen sich am Ende schützend über die Eichensärge. Alle wollten rein tot oder lebendig. Kathrin Aehnlich bei Grieneisen Bestattungen, das brachte die 2. Lange Nacht des Buches in Berlin-Schöneberg zum Kochen. Eingeklemmt zwischen Matratzen-Outlet und Balkan-Grill gehört das Bestattungsinstitut nicht zu den ersten Adressen des Schöneberger Nachtlebens. Doch am Samstag stand der Kiez Kopf "Schöneberg liest" hieß das Motto von zwei Uhr nachmittags bis weit nach Mitternacht. Gute Bücher gelesen an skurrilen Orten, ein erfolgreiches Konzept für Literaturvermarktung. Gelesen wurde im Friseursalon, in der Arztpraxis oder im Lichtladen. Nicht selten war der Ort die Attraktion. So lockte Jean Wirsch, schreibender Kommissar aus Brandenburg, auch weniger an Literatur Interessierte auf die Polizeiwache. Zur Sache ging es im Rathaus Schöneberg bei Till Meyer: Sein Buch "Staatsfeind" ließ das Publikum zum Nahkampf übergehen. Genau die richtige Stimmung für den Höhepunkt des Tages: Kathrin Aehnlichs Roman "Alle sterben, auch die Löffelstöre" über Freundschaft, Tod und Strumpfhosen ist nicht nur in Schöneberg ein Bestseller. Ohne Ellenbogen musste man draußen bleiben. Die Grieneisen-Damen ertrugen die Lachsalven über die Begegnung der Romanheldin mit einem Bestatter mit Fassung - und warben für Vorsorgeverträge, während die Buchstapel über den Bestattertresen gingen.