Vermutlich bei allen ganz links im Regal: ein dreihundertfünfundsechzigseitiger Ratgeber, gern von der Mutter zu den Umzugskartons des 20jährigen Nestflüchters gepackt. Die dicken Kochbücher flüstern leise: »Ich helf Dir kochen« oder »Backen macht Freude« allein die Titel sind schon eine Gelinggarantie.
Danach folgen vegetarische, vollkörnige und kulinarisch verwegene Ratgeber für alle Fragen zwischen Aubergine und Zitrone. Neben den Cocktail-Mixtipps steht das Babykochbuch, dann teilt sich die Kultur: entweder Kochen nur mit Aldiprodukten, oder für alle, die im Chemieunterricht nie genug qualmen durften, molekulares Kochen.
Gegen Ende des Regalmeters: die alten, in verflecktem Papier eingeschlagenen Kochbücher von anno Oma. Die haben ihren Platz, auch wenn keine Frau in Schürze mehr mit der Sahnetülle Wellenmuster auf die Torte legt. Die alten Bücher sind mehr Bilderbücher eine vergangenen Zeit. Auf den leeren Seiten am Ende sorgfältig notiert: »Hochzeit 1973: 3 Baumstämme, 2 Schwarzwälder ...«. Da steigt sofort die kollektive Erinnerung auf, und welche Hochzeit das war, ist inzwischen irrelevant (sofern nicht ohnehin inzwischen geschieden). Aus den Seiten rutschen handgeschriebene Plätzchenrezepte von Tante Luise oder Anneliese (ein besseres Denkmal für die alten Damen als die alten Schwarzweißfotos in der Schublade). Außerdem die in ungelenker Handschrift verfasste »Schpeisekate« einer Sechsjährigen, die »1. Piza, 2. Hünasupe, 3. Rüei« als Menüfolge vorsieht. Familienstammbuch eben.
Trotzdem: Der schnellste Weg, sich von den Fesseln der traditionellen Sonntags-Rinderroulade zu befreien, führt übers Internet. Zutaten eingeben, Enter-Knopf drücken, fertig. Das Rezept zumindest!
Anregungen für Hobbyköche auf der Suche nach Appetithäppchen:
Im Extra Essen & Trinken im heutigen BÖRSENBLATT.
pg