Gretchenfrage

20. November 2008
Redaktion Börsenblatt
Google, der „Big Brother des Internets“ – der manchmal ganz schön praktisch ist.
In den letzten Wochen war es immer wieder in den Medien: der Streit zwischen dem amerikanischen Autorenverband und dem Internetgiganten Google, um die Autorenrechte bei der Google Book Search. Als Buch-Liebhaberin, die es sowieso sehr schwierig findet sich mit dem Lesen am Bildschirm anzufreunden, war meine Position in dieser Sache eine sehr Deutliche: GEGEN Google, weil Google, wie es heißt, ja böse ist und all unsere Daten sammelt. Doch der Anruf einer Freundin in der letzten Woche, hat mich überraschenderweise plötzlich für die Buchsuche per Mausklick plädieren lassen. Wie konnte das passieren? „Du studierst doch was mit Büchern und kennst dich also mit ihnen aus.“ „Ähm…ja?!“ Für ihre Hausarbeit in der Kunstgeschichte hatte sie sich, per Fernleihe, ein französisches Fachbuch über die Frühzeit der ägyptischen Baukunst, in der Unibibliothek Hamburg geliehen. Auf diesem beeindruckenden Wälzer basierte nun ihre Hausarbeit, die in der nächsten Woche abgegeben werden sollte. Problem: Die ägyptische Baukunst war schon wieder zurück an der Alster und einige Zitatnachweise leider auf der Strecke geblieben. „Wo bekomm ich das Buch schnell wieder her?“ Gute Frage. Natürlich ist es müßig ein französisches Fachbuch, das seit den 70er Jahren vergriffen ist, über ZVAB, Abebooks oder Amazon zu suchen. Meine Vorschläge: Im Webopac der Unibibliothek Hamburg, oder vielleicht hat irgendeine französische Unibibliothek das Buch in digitalisierter Form. „Ok, probier ich. Und wo noch?“ „Naja, oder du versuchst es auf Google.fr und dort über die Buchsuche. Google ist dabei alle möglichen Bücher zu digitalisieren und online zur Verfügung zu stellen. Da könntest du, wenn das Buch denn dabei ist, die zitierten Stellen suchen. Ist wahrscheinlich die schnellste Möglichkeit.“ „Echt? Das ist ja cool!“ Ja… irgendwie ist es das wirklich. Ob sie ihre Zitate beim Online-Allrounder gefunden hat weiß ich nicht. In diesem, doch sehr speziellen Fall mag ich es bezweifeln. Aber in einen ziemlichen Zwiespalt war ich, eine Verfechterin des gedruckten Wortes, da geraten. Plötzlich Werbung für einen Konzern zu machen, der nicht gerade an vorderster Front für Autorenrechte kämpft, fand ich erschreckend. Das mein Werben auch noch erfolgreich war, machte es nicht besser und führte mich zur Gretchenfrage: Darf man gegen solche moralischen Rüpel im großen Stil wettern und darf man sie gleichzeitig im kleinen Stil nutzen?