Lizenzen

"Was ist was"-Bände ab Januar 2009 auf chinesisch

25. November 2008
Redaktion Börsenblatt
Der Tessloff Verlag hat in Wuhan einen Kooperationsvertrag mit dem chinesischem Verlag Dolphin Media unterzeichnet. Ab Januar 2009 werden 120 chinesische "Was ist was"-Bände erscheinen, pro Monat zehn chinesische Titel in themenspezifischen Paketen. Ursula Rautenberg über den China-Deal von besonderer Größenordnung.
Erleichterung und Stolz sind Thomas Seng, Geschäftsführer des Nürnberger Tessloff-Verlags, deutlich anzusehen, als er in der acht Millionen-Stadt Wuhan seine Unterschrift unter einen Vertrag setzt, der die Lizenzvergabe für "Was ist was" an die Dolphin Media GmbH regelt. Zwar ist Tessloff kein Neuling im internationalen Lizenzgeschäft – die Sachbuchserie für Kinder und Jugendliche ist in 30 Sprachen in 45 Ländern verbreitet –, aber der China-Deal ist doch von besonderer Größenordnung. Schon ab Januar oder spätestens Februar 2009 sollen 120 Titel in monatlichen Abständen auf den chinesischen Markt kommen, gebündelt in Themenpaketen. Wichtig für die Nürnberger Marke ist, dass die Titel unter dem bekannten "Was ist was"-Logo erscheinen. Die Startauflage beträgt 1,5 Millionen Exemplare. Xia Shunhua, CEO von Dolphin, hält sogar einen mittelfristigen Absatz von drei Millionen für möglich. Vertraglich vereinbart wurde ein Endverkaufspreis von 15 RMB (ca. 1,60 Euro) für die broschierte Normalausgabe und 29 RMB für die Hardcover-Ausgabe, die die reichen Familien und die Sammler ansprechen soll. Die Übersetzungen erledigt ein Übersetzungsbüro in Peking, landesspezifische inhaltliche Anpassungen sind möglich. Die Herstellung liegt beim Unternehmen C & C Joint Printing, das bereits einen großen Teil der weltweit verlegten "Was ist was"-Bücher druckt. C & C ist neben dem Stammsitz in Hongkong mit drei Druckereien in Shanghai, Peking und Shenzhen in China gut vertreten. Dem Vertragsabschluss ist eine über dreijährige Verhandlungsphase voraus gegangen. Während dieser Zeit war Xia Shunhua mehrmals in Deutschland und hat sich vor Ort davon überzeugt, dass "Was ist was" eine bekannte Marke und in fast allen Buchhandlungen vorhanden ist. Er schätzt die wissenschaftliche Qualität, die sorgfältige Illustration und die thematische Breite und Vollständigkeit der Reihe ganz besonders. Zwar gibt es auch auf dem chinesischen Markt bereits Kindersachbücher, das Besondere an "Was ist was" sei aber – so betont er in der anschließenden Pressekonferenz –, dass die deutsche Reihe die Neugier anrege. So könnten chinesische Kinder und Jugendliche lernen, mehr Kreativität zu entwickeln. Das Konzept von "Was ist was" entspricht den Zielen von Dolphin, "eine gesunde Entwicklung, Glück und Wissen zu jedem Kind und in jede Familie zu bringen". Auch der Nürnberger Verlag hat lange nach einem passenden Lizenzpartner gesucht. Ausschlaggebend für Tessloff war letztlich, dass Dolphin Media – anders als in den chinesischen Staatsverlagen üblich – von einem persönlich engagierten Unternehmer geführt wird. Xia Shunhua hat 1999 die Dolphin Cartoon GmbH als privates Medienunternehmen gegründet. Da Publikationsunternehmen in Privatbesitz nach wie vor in China keine Zulassung und somit keine ISBN-Nummern aus der staatlichen Zuteilung bekommen, hat Xia seine Comics und Kinderbücher unter den eingekauften ISBNs staatlicher Kinderbuchverlage vertrieben. Er hat als einer jener vielen "Kultur-Unternehmer“ begonnen, die unter der offiziellen Decke der Staatsverlage ca. 30 Prozent der Buchtitel jährlich produzieren, immerhin um die 50.000 Titel. Die "Privaten“ sind oft flexibler und ideenreicher und passen ihre Programme dem Markt besser an. Im Dezember 2005 wurde das Unternehmen Dophin der Hubei Changjiang Publishing Group in Wuhan integriert, einer der großen Verlagsgruppen in China, die den wirtschaftlichen Transformationsprozess bereits hinter sich haben. Dolphin hat damit den Schritt aus einer unsicheren Privatexistenz zum offiziell genehmigten Verlag getan. Die Changjiang-Gruppe und die ihr angehörenden Verlage Hubei children’s publishing house – einer der ehemals ISBNs gebenden Verlage – und Hubei fine arts publishing house besitzen einen Aktienanteil von 51 Prozent. Die insgesamt vier privaten Inhaber von Dolphin halten 49 Prozent und schöpfen damit die Beteiligungsmöglichkeiten für Privatkapital voll aus. Kerngeschäft von Dolphin sind Jugend- und Kinderbücher. Im Jahr 2007 produzierte der Verlag mit ca. 200 Mitarbeitern 519 Neuerscheinungen. Der Umsatz betrug über 200 Millionen RMB. "Was ist was" soll über die (staatliche) Xinhua-Kette und die (noch wenigen) privaten Buchhandlungen vertrieben werden. 1.000 drehbare Präsentationsständer sollen in den größeren Buchhandlungen die "Was ist was"-Bücher aufnehmen, eine in China noch weitgehend unbekannte Form der Auslage. E-Commerce über den Internet-Verkauf und der Direktverkauf an Schulen und Kindergärten sind ergänzende Kanäle. Dolphin verfügt zudem über eigene Vertriebszentren bzw. Auslieferungen in Wuhan und Guangzhou (Kanton). Wie der Lizenz gebende Nürnberger Verlag ist auch Dolphin in den elektronischen Medien tätig, mit Animationen, aber auch mit eigenen Sendungen im Staatsfernsehen CCTV. Auch "Was ist was" soll über eine eigene Fernsehserie vermarktet werden. Die Welt ist in Ordnung an diesem 14. November bei der feierlichen Unterzeichnungszeremonie im 16. Stock des Verlagsgebäudes der Changjiang-Gruppe. Nach den offiziellen Begrüßungsansprachen unterzeichnen Zhou Baiyi, CEO der Changjiang-Gruppe, Xia Shunhua und Thomas Seng. Eine ergänzende Vereinbarung wird zwischen Changjiang, Tessloff und C & C geschlossen. Die Weichen für die Etablierung der Marke "Was ist was" in Festlandschina sind damit gestellt. Vor Überraschungen im China-Geschäft ist aber, auch bei sorgfältigster Vorbereitung, niemand geschützt. Dies muss auch Tessloff erfahren, als noch in den offiziellen Reden und in der anschließenden Pressekonferenz der Preis für die Normalausgabe mit 12 RMB beziffert wird: in den unterzeichneten Verträgen steht 15 RMB. Ursula Rautenberg leitet das Fach Buchwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie ist Honorary Research Fellow des Chinese Institute of Publishing Science in Peking. Die Erlanger Buchwissenschaft unterhält eine Universitätspartnerschaft mit der School of Information Management an der Universität Wuhan, der wichtigsten wissenschaftlichen Ausbildungsstätte für den chinesischen Buchhandel und den Zeitschriftenmarkt. Zurzeit studieren zwei Studentinnen aus Wuhan für ein Studienjahr in Erlangen.