Es ist sicher ein allseits verbreitetes Problem, dass es weit mehr interessante Bücher gibt als Zeit diese zu lesen. Das ganze verschärft sich auch noch, wenn sogenannte Pflichtlektüre dazu kommt. Und glauben Sie mir, unseren Professoren sei Dank, gibt es davon mehr als genug. Zu welchen Büchern greife ich aber nun, wenn mir der Sinn mal nicht nach Müller-Hagedorn oder einem Bramann steht? Oder besser gefragt: Welche Bücher lasse ich noch dafür sorgen, dass mein ohnehin schon großer Stapel an ungelesenen Büchern unaufhörlich weiter wächst?
Ich persönlich habe für mich die 300er-Theorie entwickelt. Bücher mit mehr als 300 Seiten kommen mir erst gar nicht ins Haus. Wer für seine Geschichte mehr Seiten braucht, redet um den heißen Brei herum und kommt nicht auf den Punkt. Ich benötige keine detailverliebten Beschreibungen von Menschen oder Landschaften. Dafür habe ich meine eigene Phantasie. Das im Gedankenkino eines jeden Lesers ein ganz anderer Film abläuft ist ja gerade das tolle an Büchern. Zudem hat das ganze auch einen gewissen Lerneffekt. Wer sich mit kurz gehaltener Literatur auseinandersetzt entwickelt auch ein Gefühl dafür sich bei Vorträgen kurz zu fassen. Wenn der Professor einen 30 Minuten Vortrag hören will sagt er das auch so und gibt nicht 20 Minuten vor. Auch bei der Diplomarbeit liegt die Würze eher in der Kürze als in seitenlanger Redundanz. Beim blättern durch Rezension fällt mein erster Blick also auf die Seitenzahl. Und steht da die falsche Zahl lese ich mir die eigentliche Rezension erst gar nicht durch.
Ich muss aber gestehen, dass bei mir erst die Praxis und dann die Theorie kam. Lerneffekt und Redundanz klingen einfach schöner als Faulheit. Nach 600 Seiten 2 bis 3, statt nur ein Buch gelesen zu haben ist eine motivierendere Aussicht und beschönigt das eigene Image. Wer fragt denn schon nach den durchschnittlichen Seitenzahlen pro Jahr?
Und so ganz halte ich mich ja auch nicht an diese Theorie. Ein gern gelesener Autor wird nicht ignoriert weil er es mal um ein paar Seiten übertrieben hat. Auch bei einem schönen Radsportbuch darf es gern ein bisschen mehr sein. Diese Bücher haben dann nur hin und wieder das Problem das sie etwas länger auf besagtem Stapel bleiben als ein knackiger Roman unter 200 Seiten. Aber wer wird es mir übel nehmen? Bei den 300 Spartanern werden auch gerne die 4000 Griechen an ihrer Seite vergessen.
Aus Interesse und aus Mitleid für die unterbeschäftigte Kommentarfunktion folgende Frage: Welche besonderen Kriterien legen Sie Ihrer Buchauswahl zu Grunde?