Frankreich

Unterschiede bereichern

26. November 2008
Redaktion Börsenblatt
Wo gibt es Ähnlichkeiten und was kann man vom Nachbarn lernen - unter diesem Motto stand das Kolloquium "d'un trait d'union" zur Illustration in Frankreich und Deutschland, das gestern in Strasbourg stattfand. Ähnlich wie bei uns (6800 Novitäten) erscheinen in Frankreich 6000 neue Kinder- und Jugendbücher im Jahr. Das Kinder- und Jugendbuch hat mit einem Umsatz von 561 Millionen Euro in Frankreich zwar einen höheren Marktanteil (20,3 Prozent) am Gesamtumsatz als hierzulande (15,4 Prozent), berichtete Cristelle Creff von DRAC – allerdings sind diese 15,4 Prozent in Euro fast drei mal so hoch: 1,47 Milliarden Euro.
"Die Unterschiede bereichern uns, sie sind keine Trennungen«, hob Adrien Zeller, Präsident des Elsässischen Regionalparlaments, zum Auftakt des Kolloquiums hervor. Wie unterschiedlich sich die Illustrationskunst in der vergangenheit entwickelt hat, zeigte die Direktorin des Musée Tomi Ungerer in Strasbourg, Thérèse Willer, für die französische Seite und Maria Linsman, Direktorin des Bilderbuchmeseums in Troisdorf, für die deutsche. Interessant dabei der Aspekt, dass die Illustratoren Anfang des 20. Jahrhunderts beste Arbeitsmöglichkeiten hatten, gab es doch mehr als 6.000 illustrierte Zeitschriften. Linsmann beklagte die aktuelle Flut verkappter Ratgeber im Bilderbuch, die viel zu pädagogisch seien und Kinder nicht gerade zum Spaß mit Büchern heranführten. Zudem: "Es gibt in Deutschland einen Trend zum wahnsinnig schlecht gezeichneten Bilderbuch.« Demgegenüber zeigten Beispiele, wie Qualität möglich ist. Dorothée Duntze und Susanne Janssen erläuterten ihre Vorgehensweise beim Illustrieren an demselben Thema: dem Märchen "Hänsel und Gretel" der Brüder Grimm. Journalist Mathias Schneider befand Janssens im Rostocker Hinstorff Verlag erschienenes Werk als ein untypisches Buch für den deutschen Markt. Ebenso informierten deutsche und französiche Pressezeichner über ihre Arbeiten und Arbeitsbedingungen, oft sehr schnell getaktet: "Ich werde von einer Zeitung zwischen zehn und elf Uhr angerufen, und um halb vier soll das Porträt fertig sein." Über die Existenzbedingungen der im Bilderbuchsegment tätigen Illustratoren berichtete Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck, der auch die Zahlen der neuen IO-Studie mitbrachte. Danach verdienen 45 Prozent der 732 befragten, in Deutschland lebenden Illustratoren weniger als 12.000 Euro im Jahr, weitere 16,1 Prozent kommen auf bis zu 18.000 Euro (siehe Börsenblatt 43/2008). Auf französischer Seite zeigte Cristelle Creff von der Direction régionale des Affaires Culturelles (DRAC) Alsace, wie eng dort die Kinderbuchverlage inzwischen durch vertriebliche Synergien miteinander verknüpft sind. Ähnlich wie bei uns (6800 Novitäten) erscheinen in Frankreich 6000 neue Kinder- und Jugendbücher im Jahr, das Kinderbuch hat mit einem Umsatz von 561 Millionen Euro einen Marktanteil von 20,3 Prozent – im Vergleich: Hierzulande wurde 2007 mit dem Segment Kinder- und Jugendbuch ein Umsatzanteil von 15,4 Prozent am Gesamtumsatz erwirtschaftet. Eine weitaus größere Rolle spielt im Nachbarland dagegen der Comic: 1428 neue Titel (in 2007) aus asiatischen Serien, 1338 aus franco-belgischen, 319 Graphic Novels und 228 amerikanische Comics zeigen den hohen Stellenwert dieses Genres. Viele weitere Beiträge von Leseförderern und Illustratoren zeigten interessante Projekte, auch im Bereich der öfentlichen Bibliotheken. Das Kolloquium in Strasbourg machte deutlich, wie nützlich es sein kann, öfter auf den Nachbarn zu schauen.