Preisbindung

»Der beanstandete Paragraf wäre reparabel«

18. Dezember 2008
Redaktion Börsenblatt
Das österreichische Preisbindungsgesetz beschäftigt den Europäischen Gerichtshof. Christian Russ, Preisbindungstreuhänder der deutschen Verlage, kommentiert im Interview das Schlussplädoyer der Generalanwältin.
Die Generalanwältin äußert sich sehr kritisch über die österreichische Importklausel. Was bedeutet das für die Preisbindung in Österreich? Russ: Aus Sicht der Generalanwältin ist die Import-Klausel im österreichischen Preisbindungsgesetz ein Verstoß gegen EU-Recht und daher unwirksam. Es ist also nicht bereits das Urteil des Gerichts, sondern zunächst ein Plädoyer. Die Generalanwältin stellt auch nicht die Preisbindung an sich in Frage, sondern lediglich einen einzelnen Paragrafen. Und der ist, wenn der Gesetzgeber in Österreich schnell reagiert, reparabel. Können Sie die Argumentation nachvollziehen? Russ: Für mich stehen hinter der Argumentationskette viele Fragezeichen. Die beanstandete Klausel gibt vor, dass österreichische Importeure den Preis, den die Verlage für Deutschland festlegen, nicht unterschreiten dürfen. Durch die höhere Mehrwertsteuer sind Bücher in Österreich in der Regel drei Prozent teurer als bei uns. Nun argumentiert die Generalanwältin, dass deshalb Preisschwellen in Österreich überschritten und deutsche Verlage daran gehindert würden, auf besondere Marktgegebenheiten in Österreich einzugehen. Die Generalanwältin sieht also den deutschen Verleger im Verhältnis zu seinem österreichischen Kollegen als diskriminiert an. Angesichts der tatsächlichen Marktverhältnisse in Österreich ist dieses Argument aber nicht stimmig: Denn die deutschen Verlage dominieren den Markt in Österreich – mit einem Umsatzanteil von 80 oder mehr Prozent. Da kann eigentlich nicht davon die Rede sein, dass deutsche Verlage durch die Importklausel diskriminiert werden. Außerdem gerät in Vergessenheit, dass es in diesem Verfahren gar nicht um die deutschen Verlage geht, sondern um die Interessen von Libro. Ziel des Filialisten ist es, Bücher in Österreich zum selben Preis wie in Deutschland anbieten zu können – und diese Preise auch bewerben zu dürfen. Das Schlussplädoyer der Generalanwältin ist in der Regel auch ein Fingerzeig für den Ausgang des Verfahrens. Wie lässt sich das Dilemma für Österreich lösen? Russ: Wie gesagt, der beanstandete Paragraf dürfte reparabel sein. Gefragt ist jetzt der österreichische Gesetzgeber. Wenn ich die Ausführungen der Generalanwältin richtig verstehe, hätte sie nichts dagegen, wenn die deutschen Verlage eigene Preise für Österreich empfehlen würden und der österreichische Importeur bei der Preisfestsetzung daran gebunden wäre. Vergleichbare Regelungen finden sich auch im deutschen und im französischen Gesetz.