In der Polyglott-Redaktion ist man noch nicht über den Berg. Aber im Februar und März 2009 werden die ersten 75 Titel des neuen Polyglott on tour in den Buchhandel gehen. 2010 sollen alle 150 Titel der Serie ausgeliefert sein. Eine völlig neue Reihe zu stemmen, geht sicher schneller von der Hand, als eine eingeführte auf veränderten Bedarf umzustellen.
Doch unter den Kompakt-Reiseführern ist Polyglott on tour eine gefragte Marke. Man rangiert zwar im Sortiment im deutlichen Abstand zum Marktführer Marco Polo, liegt aber gleichauf mit Merian live. Mit dem jetzigen Relaunch sollen neue Marktanteile dazu kommen. Wir wollen neue Standards für die Preiskategorie setzen, unterstreicht Redaktionsleiterin Barbara Lennartz. Die Reihe wird nicht einfach aufpoliert, Polyglott on tour ist ganz auf heutiges Reiseverhalten zugeschnitten.
Um das Produkt möglichst punktgenau am Markt zu landen, wurde großer Aufwand betrieben. Zunächst hatte sich Anfang des Jahres die zehnköpfige Redaktion in Workshops mit Reiseveranstaltern, Tourismusexperten und Autoren beraten und eine betriebsinterne Arbeitsgruppe aus Marketing und Vertrieb an einen Tisch geholt. Den Trends folgend, wonach heute öfter, kürzer und individueller in den Urlaub gefahren wird, wurde beschlossen, die Reihe von Grund auf zu verändern.
Kurztrips aus dem Baukasten
Das Tourenkonzept ist nun nach dem Baukastenprinzip ausgerichtet. Man findet Kurztrips wie Tagesausflüge, Rundreisen wie Sightseeing-Touren in Landesteilen und Regionen. Neu sind auch Tipps für das Reisen mit Kindern. Wer heute eine Urlaubsreise bucht, will besonders flexibel sein in seiner Planung. Gefragt sind gesicherte Informationen, praktikable Karten und Expertenratschläge, die im Internet so nicht zu finden sind.
Als neue Käuferschicht haben Marketing und Vertrieb vor allem die Altersgruppe zwischen 30 und 40 plus im Visier. Bei den jüngeren wird weiterhin wenig Nachfrage nach Reiseführern ausgemacht. Und noch ein weiterer Aspekt kam für den Relaunch hinzu. Ein Produkt um zehn Euro muss sich im Handel möglichst selbst verkaufen. Also war auf klare Gliederung, ein verbessertes Farbleitsystem und weiteren Zugewinn beim Nutzwert zu achten.
Dabei zahlte sich rechtzeitiger Kontakt mit einer Buchbinderei im Schwäbischen aus, berichtet Barbara Lennartz. Man erfand die Schwäbische Broschur ein Butterfly-Bindeverfahren, mit dem nun doppelte Umschlagdeckel herauszuklappen sind. Und das ist ideal für Zusatzinfos und Kartografie.
Alle diese Zielvorstellungen und Ideen in erste inhaltliche Strukturen zu fassen, war schließlich Aufgabe einer redaktionellen Arbeitsgruppe. Aber auch das hier entwickelte Relaunch-Konzept mit der Neugliederung des Inhalts nach den Rubriken Reiseplanung, Land & Leute und Unterwegs galt erst als verbindlich, nachdem Buchhändler und Verlagsvertreter in weiteren Workshops zu Rate gezogen waren. Danach mussten endlich noch alle detaillierte Richtlinien für Seitenaufbau, Inhalt, Bild- und Kartografieanteil verfasst werden. Das Drehbuch zum Relaunch kam auf stolze 200 Seiten und ging über Briefings an die Autoren und Fotografen in aller Welt wie an mehrere externe Redaktionsbüros, die den Münchnern zuarbeiten. Am Ende ist der Inhalt jedes Titels um gut die Hälfte zu erweitern, kaum eine Zeile bleibt wie sie war.
Zu den Kosten will man sich bei Polyglott und im Mutterverlag Langenscheidt nicht genau äußern. Wir haben im siebenstelligen Bereich investiert, sagt Lennartz. Man wolle zwar Marktanteile gewinnen, zugleich aber auch die Wirtschaftlichkeit steigern. Polyglott ist ein sehr rentabler Bestandteil von Langenscheidt, das soll nicht aufs Spiel gesetzt werden.