Pappbilderbücher

"Keine Veränderung der Rechtslage bei Kinderbüchern aus Pappe“

19. Dezember 2008
Redaktion Börsenblatt
Durch Zeitungsberichte über verschärfte EU-Prüfbedingungen bei Spielzeug gab es in den vergangenen Tagen Unsicherheit über die Produktion von Pappbilderbüchern. Wie EU-Industriekommissar Günter Verheugen versicherte, bedeuteten die vom Europa-Parlament beschlossenen Vorschriften zur Spielzeugsicherheit "keine Veränderung der Rechtslage bei Kinderbüchern aus Pappe“. Verheugen kann sich nun damit anfreunden, dass das Europäische Komitee für Normung (CEN) über die Prüfkriterien bei Pappbüchern befindet.
Kinderbuchverlage befürchten, dass bei einer festgeschriebenen mechanischen Prüfung der Reißfestigkeit bei Pappecken Veränderungen in der Produktion vorgenommen werden müssen: Die Pappe würde viel dicker werden müssen, entsprechend würde das Buch unhandlich und auch teurer. Bestimmte Buchtypen mit Dreh- und Schiebeelementen wären dann voraussichtlich gar nicht mehr möglich. Hintergrund der Prüfung auf abreißbare Teile ist die Sorge, dass Kleinkinder Stücke verschlucken könnten. Allerdings speicheln Kinder in diesem Alter die Pappe zuvor ein, so dass sich, medizinisch unbedenklich, immer winzige Papierfasern lösen können – daran würde auch eine dickere Pappe nichts ändern. Zudem entspricht die Simulation einer sich um 180 Grad nach rechts und links bewegenden Metallzange in der Prüfsituation keineswegs der Hand und der Kraft eines 24 Monate alten Kindes und dessen motorischen Fähigkeiten. Verheugen versprach gestern, er werde das CEN auffordern, seine Prüfmethoden so zu ändern, dass der Sorge der Verlage Rechnung getragen werde. Bei der Abstimmung im EU-Parlament ist es einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" zufolge zu einem Eklat gekommen, weil diese Zusicherungen von Verheugen weder schriftlich vorgelegen hätten noch näher erläutert worden seien. Ein Antrag auf Verschiebung der Abstimmung sei aber abgelehnt worden. Einschränkungen sehen die Vorschriften dennoch vor: Wenn in einem Buch „eine Plastikmaus zum Ausklappen drin ist“, müsse es entsprechend der Richtlinie geprüft werden, informierte die SPD-Abgeordnete Evelyne Gebhardt (SPD). Generell sieht die EU-Richtlinie strengere Sicherheitsauflagen bei der Herstellung von Kinderspielzeug vor. So werden Schwermetalle und allergieauslösende Duftstoffe in Spielsachen verboten. Auch elektrische Komponenten strenger auf Risiken geprüft. Hinsichtlich der Prüfkriterien für Pappbilderbücher wird der Börsenverein beim nationalen DIN-Institut Änderungsvorschläge für die Prüfbestimmungen einreichen, die dann auf einer Normungssitzung diskutiert werden; Experten nehmen eine Einschätzung vor. Wenn sie den Antrag befürworten, wird er im zuständigen Gremium TC 52-WG 3 der Europäischen Normungsbehörde CEN eingebracht. Dort wird dann eine Entscheidung getroffen, die für alle Mitgliedstaaten gilt. »Auf Druck des Parlamentes hat EU-Kommissar Verheugen eine Erklärung abgegeben«, sagte gestern der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. »Die Kommission wird eine Vorlage für den Normungsausschuss machen, um die entsprechende Norm zu ändern. Der Normungsausschuss hat das Problem hervorgerufen, indem er eine sehr strenge Norm für Pappbücher erstellt hat, die kein Hersteller erfüllen kann. Deshalb muss der Normungsausschuss das Problem auch wieder aus der Welt schaffen.«