Leipzig schließt

Ende einer Legende

24. Dezember 2008
von Börsenblatt
Traurige Weihnachtsbotschaft aus Leipzig: Die Buchhandlung Franz-Mehring-Haus, zu DDR-Zeiten eine weit über die Grenzen der Buchstadt ausstrahlende Institution, wird geschlossen.
Nüchtern-betriebswirtschaftlich betrachtet mag es eine nachvollziehbare Entscheidung sein, für die Buchstadt Leipzig ist es nach den Meldungen der vergangenen Woche eine bittere Festtagsbotschaft: Die Buchhandlung Franz-Mehring-Haus wird zum 17. Januar 2009 geschlossen. Die vierköpfige Mannschaft um Gerti Funk wird vom 19. Januar an in der Leipziger Thalia-Filiale in der Karl-Liebknecht-Straße 8-14 weiterarbeiten. Über die Weiterbeschäftigung der dortigen Kolleginnen konnte Börsenblatt.net am Heiligabend nichts mehr in Erfahrung bringen. Mit 2000 Quadratmetern war das im August 1945 gegründete Franz-Mehring-Haus in der Goethestraße einst die größte Buchhandlung der DDR. Nach der Wende von Wolf-Diethelm Zastrutzki übernommen, musste das Traditionshaus mit der riesigen Kuppelhalle 1998 einer Bank weichen und sich mit einer deutlich kleineren Nachbar-Fläche begnügen. Durch regionale Filialisierung auf zwischenzeitlich acht Geschäfte wollte Mehring das am Rande der Innenstadt gelegene, durch mehrfachen Vermieterwechsel, Umzug, Sanierung und steigende Fixkosten unter Druck stehende Stammhaus entlasten. Auch an der Leipziger Messebuchhandlung war das Franz-Mehring-Haus beteiligt. Ende März 2003 musste die Buchhandlung Insolvenz anmelden. Besonders der hohe Konkurrenzdruck durch Wettbewerber in deutlich besseren Lagen und der Auszug der Universität aus dem benachbarten Uni-Hochhaus hatten Mehring in Schieflage gebracht. Auch die Übernahme durch den heute zu Thalia gehörenden Dresdner Filialisten Buch und Kunst im September 2003 brachte keine entscheidende Trendwende. Gab es nach dem Bekantwerden der Insolvenz 2003 noch eine regelrechte Solidaritätswelle in der Stadt, hat die lokale Presse diesmal noch gar nicht vom traurigen Ende der einstigen Legende Franz-Mehring-Haus Kenntnis genommen. Langsam macht sich in der Ex-Buchstadt wohl so etwas wie eine fatalistische Routine des Verlusts breit.