Allen Unkenrufen zum Trotz ist das Konsumklima laut GfK 2008 stabil geblieben, im Dezember hatte es sich sogar leicht verbessert. Folgt nun der Absturz?
Bürkl: Nein. Sicher wird 2009 ein schwieriges Jahr für den Konsum, aber kein schwarzes. Ich gehe davon aus, dass der Handel noch bis Mitte 2009 von den zum Teil doch recht ansehnlichen Lohn- und Tarifabschlüssen profitieren kann. Auch einige der anderen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die niedrige Inflationsrate, sehen gar nicht so schlecht aus.
Wie steht es momentan um die Kauflaune der Deutschen?
Bürkl: Grundsätzlich empfangen wir zwiespältige Signale. Den gesamtwirtschaftlichen Indikatoren nach zu urteilen, ist Deutschland tief in der Rezession. Unsere Umfrageergebnisse zeigen aber: Wenn es um ihre persönliche Situation geht, antworten viele Verbraucher weiterhin, dass die Krise sie noch nicht oder nur marginal betrifft. Bislang haben sich Konsumneigung und Einkommenserwartung jedenfalls stabil gezeigt, wenn auch auf niedrigem Niveau.
Inwiefern hinterlässt die Rezession Spuren im Buchhandel?
Bürkl: Das ist schwer zu beantworten. Was ich aber sagen kann: Im Moment sehen wir kaum Bewegung auf dem Markt. Insgesamt gehe ich davon aus, dass die Wirtschaftskrise auf die Umsatzentwicklung im Buchhandel nur geringen Einfluss hat. Das Konsumverhalten beim Buch ist, zumindest tendenziell, kaum von äußeren Faktoren abhängig. Viel entscheidender ist, ob die Titel selbst überzeugen. Treffen die Programme der Verlage den Geist der Zeit, dürfte es kaum Abstriche geben.
Von welchen Faktoren hängt es ab, wie sich die Verbraucherstimmung entwickeln wird?
Bürkl: In erster Linie davon, was auf dem Arbeitsmarkt passiert. Das ist das große Damoklesschwert. Einige rechnen mit einer Erhöhung der Arbeitslosenzahlen um 300.000 bis 500.000, die Bundesagentur für Arbeit geht sogar von einem Anstieg um rund eine Million aus. Von anderen wichtigen Größen wie der Inflationsrate, die uns ja im letzten Jahr den Konsum verhagelt hat, geht derzeit eigentlich keine Gefahr aus. Im Sommer 2008 erreichte sie Spitzenwerte um drei Prozent, für dieses Jahr hingegen liegen die Prognosen bei einem Prozent und darunter.
In Berlin wurde Anfang dieser Woche ein neues Konjunkturprogramm aufgelegt. Der Hauptverband des Einzelhandels zeigt sich enttäuscht. Wie beurteilen Sie das Paket?
Bürkl: Die Steuer- und Abgabensenkungen dürften entlastend auf die Verbraucher wirken und also auch den Konsum begünstigen. Wie nachhaltig das Programm ist, muss sich aber noch zeigen. Die Angst vor Arbeitslosigkeit verunsichert bereits die Verbraucher, was man am deutlichsten an den Umsatzeinbrüchen der Autobranche sieht. Dass Großinvestitionen zurückgestellt werden, ist ein typisches Phänomen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Auf welche Regionen sehen Sie die größten Probleme zukommen?
Bürkl: Da sich eine hartnäckige Rezession abzeichnet, werden alle Regionen betroffen sein werden vor allem jedoch jene, in denen sich der Arbeitsmarkt massiv verschlechtert. Sie werden überproportional betroffen sein, und das auch mit Blick auf den Einzelhandel. In den neuen Bundesländern ist die Situation traditionell ohnehin schwierig aufgrund der höheren Arbeitslosigkeit. Möglicherweise bleiben die Auswirkungen der aktuellen Krise aber geringer als in Regionen, die bisher sehr gut gelaufen sind. Wie zum Beispiel der süddeutsche Raum.
Warum?
Bürkl: Viele Regionen sind hier sehr stark geprägt von exportorientierter Industrie, etwa der Automobilindustrie. Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass unsere Konjunkturentwicklung zu exportlastig ist und der Konsum vernachlässigt wurde. Immerhin ist der Konsum mit knapp 60 Prozent die wichtigste Komponente im Bruttoinlandsprodukt. Deutschland war zuletzt sehr von der Exportentwicklung abhängig. Da wir es diesmal mit einer weltweiten Rezession zutun haben, sind viele Märkte fast komplett weg gebrochen, etwa der Automarkt in den USA.
Wie lange wird die Krise dauern?
Bürkl: Das hängt vor allem davon ab, wie sich die weltweite Rezession entwickelt und damit auch davon, wie die Konjunkturprogramme, die in vielen Ländern gestartet wurden, wirken.