Börsenverein

Mit E-Book Akzent: Hauptversammlung in NRW

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Könnte der Buchhandel E-Books auch direkt via Chip oder Stick anbieten - am besten noch hübsch verpackt? Eine von vielen Fragen rund um die Digitalisierung, die den Landesverband Nordrhein-Westfalen heute bei seiner Jahreshauptversammung in Bochum beschäftigte.

E-Books setzten den Programmschwerpunkt am Nachmittag - mit zwei Vorträgen und einer Podiumsrunde. Verlagsberater Ralf Alkenbrecher stellte dabei gleich drei beispielhafte Projekte für den Buchhandel vor:

- den Newsletter für Reader-Kunden im Buchhandel, der zusammen mit dem "Buchmarkt" angeboten wird

- IndieBound for iPhone, ein Programm, das unabhängige Buchhändler in den USA kostenlos über den Apple-Store verbreiten. Es listet unabhängige Buchhandlungen auf und weist den Kunden auf Wunsch via GPS den Weg dorthin, bietet eine Online-Suche in der Titeldatenbank, liefert Empfehlungslisten der "Indies", ermöglicht Buchbestellungen im Online-Shop. Bezug und Abrechnung von E-Books sollen demnächst hinzukommen. Alkenbrecher zufolge gibt es bereits Interessenten im deutschen Buchhandel, die über eine Übernahme des Systems nachdenken. Was derzeit allerdings noch an den Kosten scheitere. 

- ein E-Book-Transfer-Tool, das sich direkt in die Warenwirtschaft integrieren lässt, damit der Buchhändler auf Kundenwunsch Titel an der Kasse auf Chip oder Stick laden kann. libreka! will dieses Tool bald anbieten. Auf der Hauptversammlung entwickelte sich daraus eine Diskussion, ob Verlage E-Books nicht direkt via Stick oder Chipkarte an den Handel liefern sollten und könnten - so wie es Felix Droste (Droste Verlag) vorschlug.

Alkenbrecher skizzierte auch die Herausforderungen für Verlage und Buchhandlungen. Und gab der Branche einfache, aber prägnante Tipps mit auf den Weg. "Als Verleger hätte ich schon längst einen Kollegen vom Wissenschaftsverlag angerufen und gefragt. Wie macht ihr das eigentlich". Buchhandlungen, die Lesegeräte verkaufen, riet er, die Lokalpresse einzuladen und auf das neue Angebot aufmerksam zu machen: "Da schreiben alle drüber, das Thema ist einfach heiß".

Ob und wann sich aus der medialen Aufgeregtheit ernst zu nehmende Umsätze entwickeln: Auf diese Frage von Gabriele Schink, Geschäftsführerin des Verbands und Moderatorin auf dem Podium, gab es auch in Bochum keine Antwort. Patmos beispielsweise publiziert zwar mittlerweile Titel, die als E-Book in Frage kommen, medienneutral - aber nach einem Testlauf mit zehn Büchern und der komplizierten Klärung der Rechte bei Fotografen und Autoren sei für seinen Verlag die Kosten-Nutzen-Frage offener denn je, so Verleger Klaus Kämpfe-Burghardt: "Wenn man den Aufwand betrachtet, der damit verbunden ist, müssten wir unsere E-Books eigentlich teurer verkaufen als die gedruckten Ausgaben".

Trotzdem heißt es für die Branche: Am Ball bleiben. Harriet Eichhorn (Kaiserswerther Buchhandlung, Düsseldorf) bietet die Reader in ihrem Laden an, als Kompetenzbeweis und unter dem Eindruck einer New York-Reise, wie sie auf dem Podium berichtete: "Überall in der U-Bahn saßen Leute mit Lesegeräten in der Hand".

E-Books hin oder her: Beim Treffen des Landesverbands mit etwa 100 Teilnehmern standen auch noch andere Themen auf der Tagesordnung. Verabschiedet wurde die Einführung eines Konzernwahlrechts (mit vier Gegenstimmen und einer Enthaltung). Der Landesverband wird durch die Neuregelung etwa 10 000 Euro weniger an Beiträgen annehmen, wie der Vorsitzende Stefan Könemann vorrechnete. Bei den Finanzen gelang dem Landesverband 2008 mit einem Plus von 547 Euro laut Schatzmeister Felix Droste eine "Punktlandung". Im Budget für 2009 ist ein Ergebnis von 29.000 Euro eingeplant.

Noch ist die finanzielle Situation in NRW komfortabel. Könemann wies allerdings auch auf den anhaltenden Mitgliederschwund hin. 2008 hat der Landesverband unter dem Strich erneut 44 Mitglieder verloren: "Der Tag, an dem wir nur noch halb so viele Mitglieder haben wie früher, wird kommen", warnte Könemann. Er sprach sich deshalb dafür aus, die Kooperation der Landesverbände untereinander auszubauen, um schlankere Strukturen zu schaffen. Beim Seminarprogramm etwa arbeiten die Nordrhein-Westfalen seit einiger Zeit mit den Bayern zusammen, die das komplette Angebot organisieren.

Eine kleine Feier zum 50. Geburtstag des Vorlesewettbewerbs rundete die Tagung ab. Christoph Wiesel, der den Bundesentscheid 2007 gewonnen hat, und Michael Bierther, Sieger des Jahres 1994, erzählten gewandt und bühnenerprobt von ihren Erfahrungen - und ihren Karrieren. Bierther ist heute Radiomoderator, Wiesel will es noch werden. Und für beide steht fest, dass der Vorlesewettbewerb ihnen auf ihrem Weg hilft beziehungsweise geholfen hat.   

Außerdem ehrte der Landesverband mehrere Buchhandlungen, die sich seit vielen Jahren beim Vorlesewettbewerb in NRW engagieren: Jannik in Altenberg gehört dazu, Gossens und die Kaiserswerther Buchhandlung in Düsseldorf, Weber in Erkrath, von Mackensen in Wuppertal, Bücher Keuck in Geldern, Hornung in Unna.