Die brasilianische Exportförderungs-Agentur APEX und die brasilianische Buchkammer (Camara Brasileira do Livro) waren vom 14. bis 18. September Gastgeber einer internationalen Journalistengruppe, die unter der Leitung der Frankfurter Buchmesse nach Rio de Janeiro und Sao Paulo reiste. Eine Reise, die vor allem Begegnungen mit brasilianischen Verlegern und Buchhändlern vorsah und ganz nebenbei mit dem ein oder anderen Klischee über ein Land aufräumte, das zu Unrecht im Abseits des globalen Nachrichtenstroms liegt.
Montag, erster Tag:
Vor Sonnenaufgang treffen die Maschinen ein, mit denen acht Journalisten aus sieben Ländern (China, Indien, USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und Deutschland) anreisen. Feuchtwarme Luft empfängt uns, als wir das Flughafengebäude betreten. Über Rio hängen dunkle Wolken, es beginnt zu regnen, und die beiden Wahrzeichen – der Zuckerhut und die Christusstatue auf dem Corcovado – hüllen sich in Nebel. Am Strand sind vor allem Jogger unterwegs, was mich nicht hindert, später am Vormittag ein Bad im Atlantik zu nehmen.
Auf dem Programm des ersten Tags steht Sightseeing. Die Fahrt auf den Zuckerhut – auf brasilianisch Pao de Azucar (also Zuckerbrot) – ist ungemütlich. Ein stürmischer Wind bläst vom Atlantik herüber, lässt die Gondel der Seilbahn schaukeln und hüllt den Berg immer wieder in Wolken. Schließlich schaffen wir es doch auf den Gipfel, und so plötzlich, wie der Regensturm gekommen ist, ist er auch schon wieder weggeblasen: Der Blick auf die Stadt und ihre berühmten Strände Copacabana und Ipanema ist frei.
Der erste offizielle Termin am frühen Abend ist eine Buchpräsentation in der Buchhandlung Travessa, die sechs Filialen in Rio unterhält. Kurz zuvor stößt der Übersetzer und Literaturkritiker Marcelo Backes zu unserer Gruppe – einer der wichtigsten Vermittler deutschsprachiger Literatur in Brasilien. Backes übersetzt nicht nur deutsche Gegenwartsliteratur, sondern auch Klassiker der Moderne wie Arthur Schnitzler und Franz Kafka. Auf den Büchertischen von Travessa finden wir Juli Zeh, Julia Franck ("A MULHER DO MEIO-DIA"; "Die Mittagsfrau"), Thomas Brussig, Günter Grass, Ingo Schulze und Sascha Stanisic in portugiesischer Übersetzung – allesamt von Marcelo Backes. Doch damit nicht genug: Backes plant weitere Großprojekte – unter anderen die Übersetzung von Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften".
Auf dem Programm des zweiten Tags steht der Besuch der Bienal do Livro in Rio de Janeiro. Dazu mehr in Teil II des Reiseberichts.
Michael Roesler-Graichen
*Die Teilnehmer der Reise: Olga Ro ("Book Industry Magazine", Moskau), Felicity Wood ("The Bookseller", London), Claude Combet ("Livres Hebdo", Paris), Michael Roesler-Graichen ("Börsenblatt", Frankfurt), Mukund Padmanabhan ("The Hindu", Chennai), Lynn Andriani ("Publishers Weekly", New York), Ed Nawotka ("Publishing Perspectives", Houston) (hinten v. l.); vorne v. l.: Ren Jiangzhe ("China Book Business Report", Beijing), Marife Boix-Garcia (Frankfurter Buchmesse, Frankfurt) und Martina Stemann (Frankfurter Buchmesse, Frankfurt)*