Bundesgerichtshof entscheidet über Übersetzerhonorare

Übersetzern steht Erfolgsbeteiligung zu

7. Oktober 2009
Redaktion Börsenblatt
Der BGH hat entschieden, dass Übersetzern grundsätzlich ein Garantiehonorar und zudem eine Erfolgsbeteiligung zustehe. Jedoch müsse beides miteinander in Verbindung gebracht werden. Die in der Branche gezahlten Normseitenhonorare betrachtete das Gericht als grundsätzlich angemessen, jedoch sei der Übersetzer außerdem an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Arbeit angemessen zu beteiligen. Die Beteiligung soll 0,8 Prozent für Hardcover und 0,4 Prozent für Taschenbücher betragen. Sie erfolgt grundsätzlich ab dem 5000. verkauften Exemplar.

Bezüglich der Nebenrechte entschied der BGH, dass der Lizenznettoerlös, also der Erlös nach Abzug der Vergütungen weiterer Rechteinhaber, zwischen Verlag und Übersetzer geteilt wird. Das Urteil bedeutet, dass die Schere zwischen Übersetzer von Bestsellern auf der einen und weniger verkäuflichen Titeln auf der anderen Seite gravierend auseinanderklafft.

Der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm räumte offen ein, dass dem Gericht eine »ungewöhnliche Rolle« zugekommen sei: »Es ging darum, eine Art Tarifvertrag festzulegen.« Man habe diese Rolle übernehmen müssen, doch sei es unmöglich, alle Details zu klären, dies bleibe Vertragsverhandlungen zwischen den streitenden Parteien überlassen. Das Gericht werde mit Spannung verfolgen, wie das Urteil in der Branche aufgenommen wird.

Hier die Presseerklärung des Gerichts:

Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Übersetzer literarischer Werke grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Vergütung in Form einer prozentualen Beteiligung am Erlös der verkauften Bücher haben.

Die klagende Übersetzerin hatte sich gegenüber der beklagten Verlagsgruppe im November 2001 zur Übersetzung zweier Romane aus dem Englischen ins Deutsche verpflichtet. Sie räumte dem Verlag sämtliche Nutzungsrechte an ihrer Übersetzung inhaltlich umfassend und zeitlich unbeschränkt ein. Dafür erhielt sie das vereinbarte Honorar von rund 15 Euro für jede Seite des übersetzten Textes.

Die Klägerin ist der Ansicht, das vereinbarte Honorar sei unangemessen. Sie hat von der Beklagten deshalb nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG eine Änderung des Übersetzervertrages verlangt. Nach dieser Bestimmung – die im Juli 2002 in Kraft getreten und grundsätzlich auf seit Juli 2001 geschlossene Verträge anwendbar ist – kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, falls die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.

Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Revision der Parteien hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt, dass die Klägerin von der Beklagten grundsätzlich die gewünschte Einwilligung in eine Vertragsänderung verlangen kann. Das von den Parteien zur Abgeltung sämtlicher Rechte vereinbarte Pauschalhonorar von etwa 15 Euro je Seite sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar branchenüblich gewesen. Eine solche Vergütung sei jedoch im Sinne des Gesetzes unangemessen, weil sie das berechtigte Interesse der Klägerin nicht wahre, an jeder wirtschaftlichen Nutzung ihrer Übersetzung angemessen beteiligt zu werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei nicht absehbar gewesen, dass die Übersetzung bis zum Erlöschen des Urheberrechts siebzig Jahre nach dem Tode der Klägerin (§ 64 UrhG) nur in einem Umfang genutzt werde, dass das vereinbarte Pauschalhonorar angemessen sei.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Übersetzer eines literarischen Werkes, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen ist. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung setzt bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises. Darüber hinaus kann der Übersetzer – so der Bundesgerichtshof – grundsätzlich die Hälfte des Nettoerlöses beanspruchen, den der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt. Dabei ist unter Nettoerlös der Betrag zu verstehen, der nach Abzug der Vergütungen weiterer Rechteinhaber verbleibt und auf die Verwertung der Übersetzung entfällt.

Da das Berufungsgericht noch nicht geprüft hat, ob im konkreten Fall besondere Umstände vorliegen, die eine Abweichung von den im Regelfall angemessenen Sätzen rechtfertigen, wurde die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.