Merkel wörtlich: "Die Buchpreisbindung und der ermäßigte Mehrwertsteuersatz spielen dabei eine entscheidende Rolle. An beidem wird die Bundesregierung festhalten." Das öffentliche Versprechen brachte ihr starken Applaus der im Saal Harmonie versammelten Verleger und Buchhändler ein, insbesondere der deutschen. Ebenfalls unterstrich sie die Bedeutung der Preisbindung für E-Books.
In der Urheberrechtsfrage, in der die Regierungschefin vor wenigen Tagen deutlich auf Distanz zu Googles Buchsuche-Ambitionen gegangen war, machte sich Merkel bei der Branche abermals beliebt. "Geistiges Eigentum gilt nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Zukunft", betonte sie mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung und die Tendenz zur freien Verfügbarkeit von Inhalten im Internet. Allerdings müsse man hier den internationalen Kontext in die Bemühungen einbeziehen.
Zuvor bereits hatte der hessische Ministerpräsident Roland Koch in seinem mit viel Esprit und gedanklicher Genauigkeit vorgetragenden Grußwort keinen Zweifel an der grundsätzlichen CDU-Position in dieser Frage gelassen: "Wir wollen, dass Eigentum Eigentum bleibt", sagte Koch, räumte zugleich aber ein, dass die Umsetzung dieses Prinzips unter Bedingungen raschen Wandels in den weltweiten Kommunikationsverhältnissen nicht einfach sei.
Kochs Begründung seines Bekenntnisses zu geistigem Eigentum ließ an Deutlichkeit keine Wünsche offen: "Jeder, der denkt und der sein Denken aufschreibt, soll wissen, dass der Rechtsstaat will, dass das Eigentum am Gedachten nicht verloren geht - ja, dass der Denker von seinem Denken sogar leben kann."
Koch wie Merkel betonten neben den wirtschaftlichen Aspekten auch die besondere emotionale und kulturelle Funktion der größten Buchmesse der Welt. Die Kanzlerin sprach von der "Faszination Lesen", die keine Grenzen kenne, und sagte dem gedruckten Buch trotz wachsender digitaler Medienkonkurrenz eine gute Zukunft voraus. "Denn um ein Buch zu lesen, bedarf es keiner Hardware und keiner Software. So hat das Buch etwas Befreiendes an sich." Gegen eine hektischer werdende Kommunikationswelt vor allem am Arbeitsplatz behaupte es sich als "ein Sinnbild für Muße".
Den Festakt eröffnete Vorsteher Gottfried Honnefelder, der in seiner Rede ausführlich auf die Debatten um den Ehrengast-Auftritt Chinas im Vorfeld der Messe einging. In eindringlichen Worten betonte Honnefelder die Basis, auf der verlegerisches und buchhändlerisches Wirtschaften stehe: den freien Austausch von Informationen, Meinungen und Überzeugungen.
Direkt an den stellvertretenden Staatspräsidenten Chinas, Xi Jinping gerichtet, versicherte er: "Wir werden unseren Gast so empfangen, wie wir ihn eingeladen haben: mit großem Respekt und im Wissen um seine Eigenart." Diese offene Gastfreundschaft wiederum verdanke sich "der wechselseitigen Anerkennung der Menschenwürde", so Honnefelder, der mit der Hoffnung schloss, "dass es dies ist oder sein wird, was auch diesmal Gast und Gastgeber verbindet". (Die vollständige Rede des Vorstehers lesen Sie im Mittwoch erscheinenden Börsenblatt Heft 42.)
Einen ähnlichen Akzent setzte Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth, als sie in ihrem Grußwort anmerkte, zu den kulturellen Werten in Deutschland gehöre "nicht nur Meinungsfreiheit, sondern auch Gastfreundschaft". Sie wünsche sich eine "von gegenseitigem Respekt geprägte Buchmesse 2009". Auch Buchmesse-Direktor Juergen Boos bekannte, er freue sich auf das Ehrengastland China. Ein Effekt der Messe werde es auch in diesem Jahr wieder sein, dass bisher unzugängliche Literatur dem deutschen Lesepublikum zugänglich gemacht werde.
Xi Jinping, der stellvertretende Staatspräsident der Volksrepublik China, berichtete der Festversammlung von einer "bunten, prosperierenden und sich entwickelnden Verlagslandschaft" in seinem Land. "Im Namen von 1,3 Milliarden Chinesen" wolle er herzlich danke sagen für die Einladung nach Frankfurt, von der sich Jinping einen alle Seiten bereichernden Kulturaustausch verspricht. Gast wie Gastgeber seien "angewiesen auf die Überwindung von Vorurteilen und Missverständnissen". Der Austausch dürfe durch die unterschiedlichen Ideologien und Gesellschaftssysteme nicht behindert werden, appellierte der hohe chinesische Gast.
Der international verehrte Schriftsteller Mo Yan hatte zuvor für dieses Austausch-Projekt keinen Geringeren als Goethe in den Zeugenstand gerufen. Dessen Idee von Weltliteratur, so Mo Yan, gründe auf der Vorstellung eines "die Kulturen übergreifenden Dialogs". Literatur sei dazu besonders begabt, sie könne Landesgrenzen brechen, rühre sie doch "an die gemeinsamen Gefühle der Menschen". Mo Yan argumentierte, das gegenseitige Wahrnehmen durch Lesen sei ein vielversprechender Weg, die zum Teil grotesken Vorstellungen vom anderen - "man sieht die anderen als fremde Teufel" - zu überwinden und an die Stelle des Vorurteils Kenntnis zu setzen.