Kyra Dreher: »Teilerfolg im Konditionenstreit«

15. Oktober 2009
Redaktion Börsenblatt
Im Musterprozess mit dem Bildungsverlag Eins gibt es ein Ergebnis: Der Schulbuchverlag hat eine Unterlassungserklärung abgegeben – und darf seine alte Rabattstaffel nun nicht mehr anwenden. Kyra Dreher, Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses, über den Ausgang des Verfahrens.

Welche Konditionen sind angemessen? Auf diese Frage, die das Preisbindungsgesetz nicht näher definiert, sucht der Buchhandel seit langem eine Antwort. Ist das Musterverfahren gegen den Bildungsverlag Eins vor diesem Hintergrund ein Erfolg fürs Sortiment gewesen?
Dreher: Ein Teilerfolg. Es steht nun fest, dass der Bildungsverlag Eins seine alte Rabattstaffel so nicht mehr anwenden darf. Und es zeigt, dass er offenbar kein Vertrauen darin hatte, als Sieger aus dem Verfahren hervorzugehen. Der Vorsitzende Richter hat bei der mündlichen Verhandlung durchblicken lassen, dass der Prozess auf Grundlage der Schriftsätze eher zu Gunsten der Buchhandlungen ausgegangen wäre. Aber aufgrund der Unterlassungserklärung während des Verfahrens haben wir nun kein Urteil zur Frage der Angemessenheit.


Hat sich das Gericht auch inhaltlich geäußert?
Dreher: Durch die Unterlassungserklärung ging es beim Verhandlungstermin am 8. Oktober letztlich nur noch um die Aufteilung der Kosten. Aber das Gericht hatte bereits in der vorherigen mündlichen Verhandlung zu zwei zentralen Fragestellungen Position bezogen: Erstens hat es deutlich gemacht, dass Buchhändler einen einklagbaren Anspruch auf angemessene Konditionen haben. Zweitens hat es klar gestellt, dass Konditionen, die noch nicht einmal die Selbstkosten des Buchhändlers decken, keinesfalls angemessen sein können – ohne genauer auf den konkreten Fall einzugehen. Auf die Frage aller Fragen, wo die Untergrenze für Rabatte liegt, hätten wir natürlich gern eine gerichtliche Antwort gehabt. Die haben wir diesmal leider nicht bekommen.

Wie geht es mit dem Thema Bildungsverlag Eins aus Verbandssicht nun weiter ?
Dreher: Der Verlag hat ja inzwischen ein neues Konditionenmodell vorgelegt, das neben dem Umsatz noch weitere Kriterien für die Rabattgestaltung heranzieht. Das werden wir, nachdem das Verfahren um die frühere Rabattstaffel nun abgeschlossen ist, gründlich prüfen.

Dass Verlage ihre Rabatte »nicht allein an dem mit einem Händler erzielten Umsatz ausrichten« dürfen, steht im Preisbindungsgesetz. Die Hauptversammlung hat der Verbandsspitze im Juni den Auftrag erteilt, diese Passage des Preisbindungsgesetzes durch eine Handlungsempfehlung zu präzisieren. Wie weit sind Sie damit?
Dreher: Eine entsprechende Arbeitsgruppe aus dem Sortiment hat bereits einen Katalog von Service- und Vertriebsleistungen des Sortiments sowie weiterer Faktoren erarbeitet, die bei der Konditionengestaltung zusätzlich zum bloßen Umsatz heranzuziehen sind. Außerdem haben wir eben erst unsere Buchhändler befragt, welche Rabatte sie im Schnitt bei Verlagsbezug für verschiedene Warengruppen bekommen. 425 Antworten konnten wir auswerten und so durchschnittliche Rabatthöhen für einzelne Warengruppen und Umsatzgrößenklassen ermitteln. Mit der Gewichtung und Interpretation der Rückläufe ist im Moment die Arbeitsgruppe befasst, die Ergebnisse werden wir unseren Mitgliedern aber natürlich zeitnah mitteilen.


Wie groß ist der Spielraum des Verbandes für entsprechende Handreichungen?
Dreher: Trotz des gescheiterten Versuches in der Vergangenheit sind wir fest entschlossen, das Thema in einer Stellungnahme analysieren zu lassen. Diese soll  juristische und betriebswirtschaftliche Aspekte gleichermaßen abdecken und klarstellen, dass bereits das Buchpreisbindungsgesetz deutliche Grenzen bei der  Kondititonengestaltung setzt. Ansonsten kann der Verband aus kartellrechtlichen Gründen  nur Empfehlungen geben. Aber Verlage hätten auf diese Weise zumindest einen Leitfaden, an dem sie messen können, ob ihr Konditionenmodell preisbindungskonform ist. Und ich habe das Gefühl, momentan ist ein guter Zeitpunkt dafür: Denn die Verlage erkennen mehr und mehr, dass ihr filigranes Vertriebsnetz an vielen stationären Buchhandlungen ein fragiles Gut ist.