Interview mit Juergen Boos

»Die beste Messe seit langem«

20. Oktober 2009
Redaktion Börsenblatt
Der Buchmessedirektor Juergen Boos zieht ein positves Fazit des chinesischen Auftritts in Frankfurt und der Messe insgesamt, trotz rückläufiger Besucherzahlen. Ein Gespräch.
Wie ist Ihre Bilanz der Messe?
Juergen Boos: Es war harte Arbeit, aber wir haben es geschafft: Das zweitbeste Besucher-Ergebnis in 60 Jahren Buchmesse-Geschichte: 290.469 Besuchern in fünf Messetagen. Darunter waren 181.155 Fachbesucher. Es war eine optimistische Fachmesse mit starkem Lizenzgeschäft. Unser Literary Agents & Scouts Centre (LitAg), hat mit 14.317 Besuchern einen Besucherzuwachs um 2,6 Prozent verzeichnet. In Gesprächen mit Ausstellern habe ich oft gehört, dass dies die beste Messe seit Langem war, dass die Gespräche konzentriert und fokussiert waren. Erfreulich ist, dass die Bedeutung der Frankfurter Buchmesse als Marketingmaßnahme der Buchbranche in den Augen der Aussteller noch wichtiger geworden ist. Dies ergab unsere Ausstellerumfrage.
  
Es sind weniger Besucher gekommen ...
Boos: Wir haben mit 290.469 Besuchern zwar 2,9 Prozent weniger Besucher als im vergangenen Jahr, aber dieser Rückgang ist im Vergleich zu einem extrem starken Jahr 2008 zu sehen, das Rekordjahr in sechzig Jahren Buchmesse sozusagen: 2008 war der Ehrengast Türkei sicher der Grund für den Andrang von 299.000 Besuchern. Deutschland hat rund 4 Millionen Einwohner mit türkischen Wurzeln, und ein Großteil davon war offensichtlich stark interessiert am Thema Türkei. Die deutsch-chinesische Community ist im Vergleich dazu natürlich kleiner.
 
... und der schwierige Gast China?
Boos:China als Gast auf der Buchmesse zu haben war ein schwieriger, aber auch richtiger Prozess. Mehrere Wochen lang stand China im Fokus der Medien, und das Ergebnis ist eine differenzierte und tiefgründige Berichterstattung, wie sie wohl kaum je ein Gastland erfahren hat. Meinungsfreiheit und Zensur standen hier im Vordergrund, aber auch die Literatur und die Verlagslandschaft.
 
Hat die Buchmesse in manchen Fällen ungeschickt agiert?
Boos:In der besten aller Welten hätte jeder Autor auf der Buchmesse sein sollen, der etwas zum Thema China zu sagen hat. Jeder kritische Gast, der nicht da war, ist eine kritische Stimme zu wenig.