Auftaktveranstaltung zur Aktionswoche "Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“

Bibliotheken und Verlage in einem Boot

9. November 2009
Redaktion Börsenblatt
„Bibliotheken gehören auf die politische Tagesordnung“, fordert Bundespräsident Horst Köhler, Schirmherr der bundesweiten Aktionswoche. Und Gabriele Beger, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbandes legte am Freitagabend zur Auftaktveranstaltung der diesjährigen Kampagne in der Berliner Zentral- und Landesbibliothek gleich noch einmal nach:

„Wenn Bibliotheken stärker als bisher in die Bildungskonzepte zu integrieren sind und ihren Auftrag als Kultur- und Bildungseinrichtung dauerhaft erfüllen sollen, brauchen sie eine verlässliche Finanzierung.“ Und die werde in den Ländern am besten in Bibliotheksgesetzen festgeschrieben. Dem Vorreiter Thüringen sollten nun schnell weitere Länder folgen. Berlin, als Stadt der Autoren, Verlage und Medien, müsste dazu gehören, appellierte sie in Richtung Politik.  

Dass die Zahl der Bibliotheken in Berlin seit dem Fall der Mauer von einstmals 200 auf 80 geschrumpft ist, habe sicher sehr verschiedene Gründe, hieß es dann in der anschließenden Podiumsdiskussion. Aber dazu gehöre auch, dass ihre Finanzanzierung von den Kommunen nach der politischen Wende nicht als eine Pflichtaufgabe verstanden wurde. Verleger Günther Berg (Hoffmann & Campe) und Elmer Faber (Faber & Faber), die Autorin Kathrin Schmidt und Prof. Dr. Claudia Lux (Zentral- und Landesbibliothek Berlin) blickten zurück auf die dramatischen Umbrüche im Literaturbetrieb, auf das Verlagssterben im Osten und schwierige Neugründungen, auf Verlierer und Gewinner am Buchmarkt. „Der Buchhandel im Osten bietet heute ein stark ausgedünntes Sortiment“, beklagte Günther Berg die aktuelle Lage. Es bleibe schwierig, ein Programm mit neuester Literatur zu verkaufen. Umgekehrt haben es Bücher aus ostdeutschen Verlagen weiterhin schwer, im Westen Fuß zu fassen. Ob nunmehr eine digitale Wende erneut den Literaturbetrieb auf den Kopf stellt, darüber gingen dann die Meinungen deutlich auseinander - viel Skepsis bei den Verlegern der beiden Publikumsverlage. Ob künftig das gedruckte Buch oder ein Download bevorzugt werde - Bibliotheken gehe es nicht um die Formen, sondern um Inhalte, die man bereitstelle, unterstrich Claudia Lux. „Verkaufen Sie viele ihrer Titel an die Bibliotheken – wir zahlen dafür Lizenzen.“ Letztlich entscheide der Leser, wie er die Produkte der Verlage nutzen wolle.

Bibliotheken und Verlage sollten enger zusammenrücken, um ihre Angebote gemeinsam auszubauen, empfahl am Ende die Bibliothekarin. Die Aktionswoche „Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek“, die Leistungen und Serviceangebote dieser in ganz Deutschland am stärksten genutzten Kultur- und Bildungseinrichtungen einem noch breiteren Publikum nahe bringen will, kann dafür eine Menge neuer Anregungen geben. Bibliotheken werden jährlich von mehr als 200 Millionen Lesern besucht, rund 11 Millionen registrierte Leser entleihen über das Jahr etwas 450 Millionen Medien.