Börsenverein

Arbeitsgruppe soll bei libreka! die Interessen ausgleichen

12. November 2009
Redaktion Börsenblatt
Das Branchenparlament hat sich am Donnerstagnachmittag im Frankfurter Goethehaus mit dem Thema libreka! befasst. Und musste am Ende konstatieren, dass die unterschiedlichen Interessenslagen beim Ausbau der E-Commerce-Plattform nicht so ohne weiteres auszugleichen sind.

Kritik kam vor allem aus dem Zwischenbuchhandel, der das elektronische libreka!-Angebot als Konkurrenz zu seinen eigenen Aktivitäten sieht. Michael Busch von Thalia machte deshalb im Anschluss an die Debatte den Vorschlag, diesen Dissenz nicht via Parlamentsempfehlung aufzulösen, sondern ganz bewusst so zu Protokoll zu geben. Außerdem regte er eine "schlagkräftige Einheit" im Börsenverein an, die zeitnah und unabhängig vom Halbjahres-Rhythmus der Fachausschüsse und des Branchenparlaments Entscheidungen rund um libreka! vorbereiten und bei Bedarf auch treffen kann. Sonst könne der Verband den Entwicklungen am Markt nur hinterherlaufen: »Die Wettbewerber schaffen einfach Fakten«.

Im Wortlaut heißt es in dem Beschluss: »Das Branchenparlament hat die unterschiedlichen Auffassungen zu libreka! als einer elektronischen Plattform für das B-to-C-Geschäft zur Kenntnis genommen. Es ist der Auffassung, dass die unterschiedlichen Interessen und die daraus folgenden Probleme durch eine Arbeitsgruppe der drei Sparten ausgeglichen werden müssen.« Der konkrete Arbeitsauftrag an die AG: Sie soll kurzfristig Entscheidungsvorschläge für die Vorstände der drei Fachausschüse erarbeiten.

Vorher hatte Vorsteher Gottfried Honnefelder noch einmal die Konfliktlinien beschrieben: Es gehe um das Gemeinschaftsinteresse auf der einen Seite – und Partikularinteressen auf der anderen. Einzelinteressen der Mitgliedsunternehmen seien zwar verständlich und berechtigt, »aber auch das Gemeinschaftsinteresse muss zu seinem Recht kommen können«.

Der Diskussion vorausgegangen waren die Stellungnahmen, die am gestrigen Tag von den Ausschüssen der drei Sparten erarbeitet und heute vor dem Branchenparlament vorgetragen wurden.

Den Standpunkt der Buchhändler präsentierte Hartmut Falter von der Mayerschen Buchhandlung. Die Sortimenter hatten gleich ein fast zweiseitiges Papier ausgearbeitet, in dem es nicht nur um libreka!, sondern auch um den Vertrieb digitaler Fachinhalte und Lösungen im Bereich E-Business ging.

In Sachen libreka! »steht der Sortimenter-Ausschuss ohne Vorbehalt hinter dem Projekt und zwar im Hinblick auf beide Funktionen als Volltextsuche und als Vertriebsplattform für E-books«, heißt es in dem Papier. Der Ausschuss erwarte, dass die MVB alles unternehme, um die Plattform stetig weiter zu optimieren.

Weil libreka! die aktive Unterstützung der Branche brauche, fordert der Sortimenter-Ausschuss unter anderem, dass die Verlage ihre Inhalte für libreka! zur Verfügung stellen und dass die Buchhändler die Plattform auch nutzen und in ihre Webshops einstellen. Die Zwischenbuchhändler werden aufgefordert, mit libreka! zu kooperieren.

Albrecht Hauff (Thieme Verlag) berichtete, dass auch die Verleger sehr emotional diskutiert hätten. »Offensichtlich gibt es Unzufriedenheit mit dem Projekt«, so Hauff. Einige Themen seien bei den Verlagen nicht klar. Der Ausschuss wünsche sich ein bessere Kommunikation und ein höheres Maß an Verständnis für die Probleme, die die Branche mit libreka! habe.

Bei den Zwischenbuchhändlern legte Matthias Heinrich (BroCom) den Standpunkt dar. Heinrich sagte: »Der Ausschuss stellt fest: Das Geschäftsmodell libreka hat aus unserer Sicht keine Chance, eine wichtige B2C-Marke und Plattform zu werden. Als Contenthost hat libreka! für viele Branchenunternehmen eine Berechtigung. Libreka! als Volltext-Suche könnte eine marktrelevante Bedeutung erreichen.«

Daraus resultieren folgende Schlussfolgerungen des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel:

Die bestehenden Handelsfunktionen werden kritisch beurteilt, besonders wenn diese über die existierenden Features im Frontend hinaus weiter entwickelt werden.

Bei vielen Unternehmen des Zwischenbuchhandels sowohl bei Verlagsauslieferungen wie auch bei Barsortimenten, bestehen heute schon Shop- und Abrechnungsmodelle für das Backend. Diese könnten genutzt werden, ohne dass erneut bei libreka! analoge Lösungen entwickelt werden müssten.

Karl-Peter Winters (Verlag Dr. Otto Schmidt) wies in der anschließenden Diskussion darauf hin, dass sich die Branche beim Handel mit E-Books deswegen so streite, »weil der Kaufvorgang mit einem Klick geschieht und viele, die bislang am Geschäft beteiligt waren, daran nicht mehr beteiligt sind oder sein werden.« Es gebe Verlage, die das E-Book-Geschäft alleine machen, es gebe Zwischenbuchhändler mit eigenen Interessen und es gebe Buchhändler, die eine Plattform, die unabhängig vom Zwischenbuchhandel ist, nutzen wollten.

Jürgen Horbach, Schatzmeister des Börsenvereins, sieht den Dissens zwischen den Sparten über libreka! hinausreichen: An der Diskussion im Branchenparlament sei abzulesen, »dass wir uns im Börsenverein in einer dramatischen Umbruchphase befinden«. Erstes Beispiel dafür sei die BAG, weil Marktteilnehmer das Modell durch eigene Aktivitäten aushöhlten. »Libreka! sehen wir im gleichen Konflikt", so Horbach, der diese Fakten nicht bewertete, aber eines zu bedenken gab: „Wir müssen uns die Frage stellen, wo die Geschäftsfelder des Börsenvereins und seiner Wirtschaftsbetriebe in Zukunft sein sollen."