Multi-Channel-Marketing

Osiandersche und Thalia: Marketing auf allen Kanälen

19. November 2009
Redaktion Börsenblatt
Online-Marketing betreibt heute nahezu jeder. Es gibt Autorenblogs, Buchtrailer und Web-TV, soziale Netzwerke, Leser-Rezensionen ... Jetzt kommen zwei neue Spielarten hinzu: Der US-Verlag Harper Collins schickt seine Autorin Cecelia Ahern via Skype zu Lesungen rund um die Welt (auch Thalia ist dabei) – und die Osiandersche bringt Nobelpreisträgerin Herta Müller sogar per Livestream ins Internet.
Im Grunde handelt es sich in beiden Fällen um weitere Varianten von Multi-Channel-Marketing. Das Internet fungiert lediglich als eine Art Brücke: um neue Zielgruppen zu erreichen, Stammkunden zu halten, die Website aufzuwerten – und wohl letztlich auch, um sich von Amazon abzusetzen.

Variante (1), Harper Collins und Partner: In weiter Ferne so nah
Die Gespräche zwischen Ahern und ihren Fans finden primär nach wie vor in einer Buchhandlung statt, obwohl hunderte (oder gar tausende) Kilometer zwischen ihnen liegen: Sie hören und sie sehen sich, diskutieren in Echtzeit miteinander – Ahern sitzt in ihrem Arbeitszimmer in Dublin, ihre Fans in einer Buchhandlung. Die Idee dahinter: Nicht die Leser kommen zum Autor, sondern umgekehrt, wie Kate Fitzpatrick, Digital Marketing Manager bei Harper Collins, erklärt ("Bringing an author to the people").

Harper Collins schließt den ersten Durchlauf seiner Virtual World Tour mit Cecilia Ahern bereits ab: Begonnen hat der Praxistest vor einer Woche bei Waterstones in Liverpool. Weiter ging es am Montag in der neuen Multi-Channel-Filiale von Thalia in Weiterstadt, gestern machte Ahern via Skype in Johannesburg Station, heute sind (zeitgleich) Shearers Bookshop in Sydney und die Buchhandlung Kinokuniya in Singapur dran. Dann sei die Tour zu Ende, so Fitzpatrick, aber schon jetzt stehe fest: Das Konzept habe Zukunft. Im nächsten Jahr solle es weitere Skype-Lesungen mit anderen Autoren geben – the beat goes on.

Wer wissen will, wie die Deutschlandpremiere in der neuen Vorzeigefiliale von Thalia in Weiterstadt abgelaufen ist, muss sich noch eine Weile gedulden: Das Gespräch der Bestsellerautorin mit rund 25 Fans wurde aufgezeichnet und soll, wie Thalia-Sprecherin Mirjam Berle sagt, demnächst auch unter thalia.de zu sehen sein.


Variante (2), Osiandersche: Live-Atmosphäre auch im Internet
Anders als im Fall Ahern/ Harper Collins kommt bei der Osianderschen die Autorin weiterhin zu den Lesern. Das Konzept: Der Filialist organisiert eine traditionelle Lesung mit der diesjährigen Nobelpreisträgerin Herta Müller und überträgt diese zeitgleich ins Internet – lädt also ein zum Public Viewing real und am Monitor. Zweiter Unterschied: Harper Collins arbeitet mit Skype zusammen, einem Videotelefonie-Dienst, den nach eigenen Angaben weltweit mittlerweile rund 370 Millionen Menschen nutzen – technischer Partner der Osianderschen ist, zumindest für die Premiere, die Universität Tübingen.

Herta Müller, deren für den 23. November angesetzte Lesung übrigens seit Wochen ausverkauft ist, macht den Auftakt – weitere Veranstaltungen sollen folgen. Diese Form des Multi-Channel-Marketings werde keine Eintagsfliege bleiben, betont die Osiandersche. Geplant sei, künftig auch andere bedeutende Autoren via Internet einem großen Publikum nahezubringen – in der Buchhandlung und zugleich live im Internet: "Von den rund 200 Lesungen im Jahr wird die eine oder andere im Livestream gesendet werden."