Verehrte Gesprächspartner in den Verlagen,
blicken wir einmal zurück: Irgendwann sahen sich die Literaturübersetzer gezwungen, die Umsetzung der Urheberrechtsnovelle von 2002, die eine angemessene Vergütung der Kreativen anmahnt, namentlich der Literaturübersetzer, auf dem Klagewege zu betreiben. Warum? Weil die Verlage sich gegen Vergütungsverhandlungen sperrten, weil der Börsenverein des Deutschen Buchhandels sich (sogar vor Gericht) schlicht als unzuständig erklärte. Wir hatten kein Gegenüber – außer den Gerichten. Seit dem 7.10.2009 liegt ein gültiges Urteil des Bundesgerichtshofs vor, worauf Hinrich Schmidt-Henkel, erster Vorsitzender unseres Literaturübersetzerverbandes, am selben Tag in unserer Pressemitteilung sagte: „Nun ist es an Übersetzern und Verlagen, sich unter Berücksichtigung dieses Rahmens [des BGH-Urteils] zu einigen. Wie ich schon früher betont habe, ist und bleibt es die gemeinsame Aufgabe – und ich denke: das gemeinsame Interesse – von Verlagen und Übersetzerverband, eine für beide Seiten gedeihliche Vergütungsregel abzuschließen.” An dieser Position halten wir fest.
Was aber tun Sie? Gespräche mit uns werden nicht mehr gesucht („Sehe ich jetzt keinen Sinn drin”, bescheidet ein prominenter Vertreter der Verlegerriege dem VdÜ-Vorsitzenden am Telefon) oder nur in Aussicht gestellt, wenn die Übersetzer von vornherein Umdeutungen des Urteils zum Nutzen der Verlage akzeptieren. So kreative Deutungen, dass der Vorsitzende Richter des Kammergerichts (d.i. das Oberlandesgericht des Bundeslandes Berlin) am letzten Freitag, 27.11.2009, bei der ersten Verhandlung einer Vertragsanpassungsklage eines Übersetzers nach Vorliegen des BGH-Urteils Anlass zu der Befürchtung sah, jedes Detail dieses Urteils müsse jetzt erneut „vor Gericht durchgepaukt” werden. Das sah er als „widersinnig” an. Vielmehr erwarte er eine Vereinbarung der Verbände auf Grundlage des BGH-Urteils.
So auch wir. Daher unser Appell: Setzen Sie das BGH-Urteil ab sofort in den jetzt mit unseren Kollegen/innen abzuschließenden Übersetzungsverträgen um, ohne weitere Umgehungsversuche. Ver(sch)wenden Sie nicht Ihre Energie darauf, in das BGH-Urteil allerlei merkwürdige neue Systematiken hineinzudeuteln, die es erlauben, den Übersetzern neue Verträge aufzuzwingen, durch die Sinn und Gehalt des Urteils ausgehebelt werden, sondern lassen Sie uns diesen Sinn und Gehalt gemeinsam in eine vernünftige Branchenregel zur Übersetzervergütung bringen. Möchten Sie, dass in unserer Branche alle nur noch tun, wozu höchstrichterliche Entscheidungen sie unmissverständlich zwingen? Wollen Sie eine weiter um sich greifende Verrechtlichung unserer Geschäftsbeziehungen? Wir nicht, wir zählen auf die gemeinsame Fähigkeit, selbstständig als Branche unsere Belange zu regeln. Andernfalls müssen wir tatsächlich die Regelung unserer Geschäftsgrundlagen den Gerichten überlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Vorstand und Honorarkommssion des VdÜ/Bundessparte Übersetzer in ver.di