Jahres-Ausblick, Teil 2

Eine Vision mit Rissen: Konfliktzonen für die Branche 2010

18. Dezember 2009
Redaktion Börsenblatt
Google Book Settlement, Vorratsdatenspeicherung, Leseterminals: Das Jahr 2009 hat die Branche immer wieder an ihre Grenzen geführt. Ein Nachwort zum K-Jahr – und ein Ausblick auf das, was die Branche in den nächsten zwölf Monaten umtreiben wird (in neun Teilen). Werfen Sie mit uns einen Blick auf die: Konfliktzonen.

(2) KONFLIKTZONEN

An die Vision der freien, weltumspannenden Kommunikationsplattform Internet wollen auch Autoren, Verleger und Buchhändler 2010 gern glauben. Diese Vision hat inzwischen jedoch deutliche Risse bekommen.

Es häufen sich die Fälle, in denen der ungehemmte Zugriff auf geschützte Inhalte mehr Schaden als Nutzen stiftet. Bedroht ist auch die Privatsphäre der Nutzer, die nicht mehr wissen, welche Verbindungsdaten und persönlichen Informationen über sie im Netz gespeichert sind. Die Produzenten geistigen Eigentums, aber auch die Nutzer 
von Inhalten, bewegen sich in zahlreichen Konfliktzonen – ohne dass ihnen das immer bewusst ist.

Um welche Streitpunkte geht es?

Google Book Settlement: Am 18. Februar findet das Final Fairness Hearing in New York statt. Wenn der zuständige Richter Denny Chin (oder sein Nachfolger) den Vergleich zwischen US-Autoren, -Verlegern und Google genehmigt, ist zumindest für den englischsprachigen Raum Rechtssicherheit geschaffen. Die Europäer sind nun in der Pflicht, sich – in Eigenregie – gegen die unerlaubte Digitalisierung durch Google oder andere Player zu schützen.

Verwaiste Werke: In Deutschland und Europa muss eine (gesetzliche) Lösung für verwaiste Werke gefunden werden. Denkbar ist, dass die Richtlinie der Europäischen Union zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft (Infodoc-Richtlinie) ergänzt wird. Im Rahmen der nationalen Verhandlungen zum Dritten Korb des Urheberrechts wäre auch eine gesetzliche Lösung für Deutschland möglich.

Auskunftspflicht von Providern: Im Frühjahr entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber, ob das novellierte Telekommunikationsgesetz mit der Verfassung vereinbar ist. Darin wird die sogenannte Vorratsdatenspeicherung geregelt, die es Strafverfolgern und Geheimdiensten ermöglichen soll, an Verbindungsdaten von Verdächtigen heranzukommen. Ob die Karlsruher Richter einen Auskunftsanspruch bei Urheberrechtsverletzungen bestätigen, erscheint zweifelhaft.

Leseterminals: Nachdem das Oberlandesgericht Frankfurt Bibliotheken jüngst das Ausdrucken und Speichern digitalisierter Bücher an Leseterminals – nicht aber die Digitalisierung selbst – untersagt hatte, prüft der Börsenverein für 2010 weitere juristische Schritte.


Fazit: Wer darauf hofft, dass das nächste Jahr in Sachen Urheberrecht ruhiger verläuft als 2009, wird enttäuscht werden: Engagement ist weiterhin gefragt – und das möglicherweise sogar doppelt und dreifach.


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Im Teil 1 der Serie ging es um die: Krise. Sie finden den Beitrag hier