Kommentar

Vorratsdatenspeicherung: Das Dilemma von Karlsruhe

17. Dezember 2009
Redaktion Börsenblatt
"Die Angst vor Datenmissbrauch erscheint nach den Skandalen der letzten Zeit nur plausibel." Ein Kommentar von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir.
Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht ist für die Verteidiger von Urheber- und Verwertungsrechten eine heikle Sache. Ihnen droht gleich eine doppelte Niederlage: die in der Sache, weil sich andeutet, dass die Richter den Zugriff auf Verbindungsdaten allen­falls zugunsten der Verfolgung sehr schwerer Straftaten für rechtens erklären werden. Und eine Niederlage kommunikativer Art steht zu befürchten, weil die Beunruhigung über eine­ nicht kontrollierbare Daten­schnüffelei jedes Verständnis für Urheber zu verstellen scheint.
Es hilft nun nichts, im Eifer des lobbyistischen Gefechts Analogien zwischen der physischen und der digitalen Sphäre zu bemühen, um Rechtspraxistransfer von der einen in die andere Welt zu fordern. Das Sammlungs- und Speicherungspotenzial für privat hinterlassene Spuren ist im Internet eben unvergleichlich höher als beispielsweise im Straßenverkehr. Hinzu kommt, dass die seit dem Volkszählungsunbehagen Anfang der 80er Jahre verbreitete Angst vor Datenmissbrauch nach Skandalen der letzten Zeit nur plausibel erscheint.
Gleichwohl käme ein Verzicht der Buchbranche auf den Anspruch, Urheberrechtsverletzer im Internet zivilrechtlich verfolgen zu können, einer Aufgabe der Geschäftsgrundlage gleich. Die Gretchenfrage von Eigentümern geistiger Güter an die Politik muss daher lauten: Was fällt euch ein zu dem Problem, wie sich gesammelte Daten überprüfbar schützen lassen? Bloßes Kalmieren à la »Wir brauchen ein Urheberrecht für das Internet« verhindert keinen einzigen illegalen Download­. Man darf schon konkretere Vorschläge des Gesetzgebers zur Versöhnung von Datenschutz und Eigen­tumsrecht erwarten.