In der Detailanalyse zeigen sich vier Gruppen mit sehr unterschiedlichem Profil. Danach haben 31 Prozent weiterhin Vertrauen und hoffen auf eine Verbesserung des bestehenden Systems. Eine zweite Gruppe von etwa 24 Prozent erklärt sich zwar mit dem bestehenden System grundsätzlich einverstanden, fordert aber einen tief greifenden Zielwechsel und eine Neudefinition in zahlreichen Bereichen. Eine dritte Gruppe von ungefähr 20 Prozent der Befragten verlangt als Konsequenz einen "Systemwechsel“ in Bezug auf Marktwirtschaft und Demokratie. Und 25 Prozent der Befragten erklären, dass sie ihr Vertrauen in das "System“ grundsätzlich verloren haben. Sie glauben nicht, dass es überhaupt eine Lösung für ihr Vertrauensproblem gibt.
Schlecht weg kommen in der Einschätzung der Deutschen vor allem die gegenwärtigen Entschei–dungsträger in der Wirtschaft und Politiker. Die Verantwortlichen in der Wirtschaft werden überwiegend mit Lobbyismus, Gier und Abkoppelung von der Wirklichkeit in Verbindung gebracht. Den politischen Entscheidungsträgern wird unter anderem vorgeworfen, bürokratische Hürden nicht abzubauen und an Althergebrachtem festzuhalten. Weitere Kritikpunkte an Politikern sind Machtgier und leere Versprechungen.
Auch die Maßnahmen zur Überwindung der Krise ließ danach die Deutschen in den vergangenen Monaten nur wenig neues Vertrauen schöpfen. Ausschließlich positiv bewertet werden lediglich die Maßnahmen zur Erhöhung des Kinder- bzw. Elterngeldes, die Förderung regenerativer Energien und Investition in Bildung. Gespalten sind die Befragten in ihrer Einschätzung von festgeschriebenen Mindestlöhnen, Staatsgarantien für Spareinlagen, Steuersenkungsprogrammen oder Privati–sierungen. Überwiegend negativ bewertet werden die Rettung einzelner Unternehmen, die Ab–wrackprämie, Verstaatlichungen oder Bankenrettungspakete.
Über die Studie:
Die Studie der Bertelsmann Stiftung wurde durch das Bremer Forschungsinstitut Nextpractice im Rahmen von tiefenpsychologischen Interviews mit repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern durchgeführt. Im Rahmen der jeweils einstündigen Interviews wurden die Befragten zu zahlreichen Aspekten des aktuellen, früheren oder zukünftigen Vertrauens befragt. Die Untersuchung bestätigt zwei frühere Studienergebnisse von Nextpractice sowie eine Langzeituntersuchung der Bielefelder Universität unter 3.000 Bundesbürger. Dabei war eine Quote von nachhaltig Resignierten und Pessimisten zwischen 66 Prozent und 78 Prozent ermittelt worden.