Der Schlüssel dreht sich im Schloss, die Ladentür ist zu – obwohl noch Kunden im Geschäft sind. In den nächsten zwei Stunden können die Gäste Martins Buchladen einmal anders erleben, nach Lust und Laune lesen, gucken und genießen. "Eingeschlossen stöbern mit Genuss": Das ist das Motto der Aktion, die ein- bis zweimal in der Woche stattfindet: "Der Kunde muss glücklich sein – das ist unsere Maxime", sagt Martin Steiert, Inhaber der kleinen Göppinger Buchhandlung, die ihren Schwerpunkt beim christlichen Sortiment setzt.
Zwei Stunden Zeit zum stöbern
Wenn seine Frau die kleine Besuchergruppe im Laden einschließt, ist deshalb nicht nur für geistige Nahrung gesorgt: Auf die Gäste wartet ein kleiner Imbiss mit Schnittchen, Obst, Salat und Prosecco, von Kathi Steiert liebevoll zubereitet. Danach haben sie zwei Stunden lang Zeit, die Bücher in den Regalen ungestört und ohne Zeitdruck zu begutachten.
Und so funktioniert das Ganze: Die Buchhandlung verkauft Gutscheine für solche Abende im Laden. Ein Gutschein kostet, je nach Teilnehmerzahl, zwischen 20 und 30 Euro, maximal zwölf Gäste können dabei sein. Inzwischen sind die Stöber-Abende bis weit ins Jahr 2009 ausgebucht: "90 Prozent der Besucher sind Frauen", berichtet Martin Steiert, "oft bekommt eine den Gutschein geschenkt und bringt ein paar Freundinnen mit." Die Kundinnen berichten dem Sortimenter häufig, dass sie den Abend als geschenkte Zeit empfinden. Endlich können sie sich mal ohne Termindruck oder quengelndes Kind im Schlepptau im Laden umsehen.
Spontaner Einkauf
Die Gäste sollen sich wohlfühlen in der 200 Quadratmeter großen Buchhandlung: Sie dürfen Musik aufdrehen oder Kaffee kochen. Verblüffend sei, so Steiert, dass viele der Abendgäste den Laden vorher noch nie betreten hätten. Da die Aktion auch nur über Mundpropaganda beworben wird, gewinnt die Buchhandlung so ohne zusätzlichen Aufwand Woche für Woche neue Kunden. Denn wenn Kathi Steiert die Tür nach rund zwei Stunden wieder aufschließt, hatten die Gäste ausreichend Zeit, sich in neue Romane, christliche Literatur oder das reichhaltige Kinderbuchsortiment zu vertiefen. Meistens nehmen sie ihre Entdeckungen gleich mit nach Hause.
Wer früher wieder aus dem Laden heraus möchte, muss übrigens nicht befürchten, tatsächlich eingesperrt zu sein. Selbstverständlich ist der Hinterausgang als Fluchtweg immer offen. Davon wird allerdings selten Gebrauch gemacht. Mit der Idee zum Stöber-Abend hat Buchhändler Martin Steiert eine Kettenreaktion in Gang gesetzt – auch für ihn selbst "eine echte Erfolgsstory".