Kommentar: Mario Vargas Llosa

Der Traum vom Verlagswechsel

17. Februar 2011
Redaktion Börsenblatt
Der neue Roman von Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa erscheint wider Erwarten nicht bei Rowohlt. Ob Suhrkamp nun doch zum Zuge kommt, ist vorläufg offen.

Die Aufregung war groß und sie bescherte Suhrkamp ein Wechselbad der Gefühle. Erst der Nobelpreis für Mario Vargas Llosa, dessen Bücher seit 1976 allesamt bei Suhrkamp erschienen sind. Wenig später die Nachricht, dass der neue Roman, „Der Traum des Kelten", bei Rowohlt herauskommen wird. Es schien ein neuer Beweis für den Niedergang des nach Berlin umgezogenen Verlags mit dem großen Erbe.

Jetzt kommt alles ganz anders und die Erregung bleibt wohl ohne größere Auswirkung, sieht man von der Irritation aller Beteiligten ab. Rowohlt hat sich entschieden, den Roman nicht zu publizieren. Dies hat der Verlag jetzt der spanischen Agentur Carmen Balcells, die Vargas Llosa weltweit vertritt, mitgeteilt. Verleger Alexander Fest begründet den Rückzug damit, dass „die emotionalen Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit" nicht mehr gegeben seien.

Der Hintergrund: Schon im vergangenen November macht Suhrkamp Passagen aus Briefen von Vargas Llosa an den Verlag öffentlich: „Ich hoffe, dass Suhrkamp mich weiter verlegt und dass dies eine vorübergehende Episode bleibt." Überdies erklärte der Autor: „Ich wollte mich nicht in eine Entscheidung der Agentur einmischen, weil ich es nie getan habe und auch künftig nicht tun werde."

Rowohlt drängt auf Klärung, doch die Briefe des Verlegers an die sich zuletzt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindende Agentur bleiben längere Zeit unbeantwortet. Der Verleger hält trotzdem noch an dem Plan fest, Vargas Llosa zu Rowohlt zu holen. Da „Der Traum des Kelten" schon im Herbst 2011 erscheinen soll, beauftragte der Verlag lediglich auf der Basis des Commitments mit Barcells die in Barcelona lebende Angelica Ammar, die zuletzt die bei Suhrkamp erschienen Essays von Vargas Llosa übertragen hatte, mit der Übersetzungsarbeit an dem neuen Buch.

Jetzt hat Rowohlt das Stoppzeichen nach Barcelona gegeben. Denn die endlich eingegangene Antwort der Agentur war für Fest ernüchternd, blieb doch der erhoffte Aufschluss über die Äußerungen Vargas Llosas aus. „Freudloser hätte Rowohlt nie eine Zusammenarbeit begonnen", sagt Fest.

Manches bleibt Spekulation. Klar ist, dass die Bücher des Autors durch die Auszeichnung einen enormen Anschub erhalten, von dem Vargas Llosa, Suhrkamp und Carmen Balcells profitieren. Über eine halbe Million Exemplare der verschiedenen Vargas Llosa-Titel hat Suhrkamp seit der Nobelpreisbekanntgabe verkauft. An der Spitze der Verkaufsliste der bislang letzte Roman: „Das böse Mädchen".

Die deutschen Rechte für „Der Traum des Kelten" müssen jetzt neu verhandelt werden. Suhrkamp hatte dafür im Frühsommer 2010 ein Angebot gemacht; Barcells das Buch jedoch mindestens auch Rowohlt angetragen. Rowohlt hat bestritten, eine kolportierte siebenstellige Summe geboten zu haben. Offensichtlich aber war die Offerte deutlich besser als jene von Suhrkamp.

Und jetzt? Suhrkamp hat immer bekräftigt, den neuen Roman verlegen zu wollen. Vermutlich wird der Verlag jetzt sein Angebot an die Agentur erneuern. Angesichts des Nobelpreises finden beide Seiten sicher entspannter zueinander, lässt man die letzten Wochen einfach außer Acht.