Die vierzigminütige Busfahrt vom südlichen Stadtviertel Talpiot, wo unser hübsches Hostel liegt, zum ICC-Gelände am nördlichen Eingang Jerusalems, führt entlang an bunten Märkten, durch enge Gässchen und hinauf zum zentralen und viel belebten Busplatz. Der Blick fällt unter anderem auf die Mauern der Altstadt sowie auf die goldene Kuppel des Felsendoms und es ist schwer, sich auf die kommenden Veranstaltungen auf der Buchmesse vorzubereiten.
Die Veranstaltung im Literary Café mit Mirjam Pressler, Gerti und Buddy Elias, dem Cousin und letzten lebenden Verwandten Anne Franks, gehört mit Sicherheit zu den großen Momenten der Buchmesse. Das Buchprojekt entstand, so Gerti Elias, nach einem zufälligen Fund von über 6000 Schriftdokumenten auf dem Dachboden des Familienhauses in Basel. Gemeinsam mit Mirjam Pressler ordneten Gerti und Buddy Elias die gut erhaltenen Briefe, Tagebücher, Gedichte und Telegramme aller Familienmitglieder und stellten eine Auswahl an Dokumenten zusammen, die ein faszinierendes Buch ergeben. Es bildet das glückliche Leben der Familien Frank und Elias vor dem Krieg, die Vernichtung der Familie Frank in den Konzentrationslagern sowie die Arbeit Otto Franks an dem Tagebuch seiner Tochter Anne nach dem Krieg ab. Als Buddy Elias gemeinsam mit seiner Frau auf dem Podium die erschütternden Briefe seines Onkels Otto Frank vorlas, in denen er die überlebenden Familienmitglieder über den grausamen Tod seiner Frau und seiner beiden Töchter informierte, nahm es dem Publikum den Atem.
Seine Beobachtungsgabe und Kommentierungsfreude bewies Rafael Seligmann nicht nur in dem kurzweiligen Gespräch mit René Strien und Eldad Stobezki über seine Autobiographie, sondern auch bei dem anschließenden Abendessen in dem charmanten Jerusalemer „Café Paradiso“. Der guten Stimmung tat auch der Stromausfall keinen Abbruch, der uns die Speisen im Dunkeln genießen ließ.