Lizenzhandel

Lisa Ekus: »Kochbücher sind eine Frage des Lifestyles«

28. April 2011
von Börsenblatt
Global Cooking? Nicht beim Kochbuch. Denn zumindest in Übersee haben Titel aus fremden Küchen wenig Chancen. US-Agentin Lisa Ekus ist auf den Gastro-Markt spezialisiert. Und gibt Einblicke in ihr Geschäft.

Wie funktioniert der Rechte- und Lizenzmarkt im Kochbuchsegment?
Ekus: Die meisten US-Verlage behalten sich die Auslandsrechte und die Übersetzungsrechte vor, um dadurch die hohen Produktionskosten gegenrechnen zu können. Umgekehrt ist es extrem schwierig für ausländische Kochbücher, bei einem US-Verlag zu landen. Die Zutaten und die Fachbegriffe sind unterschiedlich, dazu kommen die unterschiedlichen Maßeinheiten. Amerikaner kennen nun einmal nicht den britischen Begriff »Rocket« für Rucola, oder das Wort »Aubergine« – das sind bei uns »Eggplants«. Auch das Layout und die optische Gestaltung spielen eine große Rolle – das sind Lifestyle-Angelegenheiten, bei denen es zwischen den USA und dem Rest der Welt große Unterschiede geben kann. All das muss man in seine Überlegungen einbeziehen.

Wie wird ein Kochbuch im US-Markt zu Erfolg?
Ekus: Entweder durch eine populäre Plattform, die man bedient, oder durch brillante Rezepte und Einfälle, die dann in den Medien aufgenommen werden. Das Publikum muss den Autor entweder kennen, weil er eine TV-Show hat, eine starke Medienpräsenz oder ein renommiertes Restaurant. Oder er legt das ultimative Kochbuch zu einem bestimmten Thema vor. Es gibt nur eine Handvoll Köche in den USA, die landesweit bekannt sind, aber das täuscht hinweg über die wirklich große Zahl von talentierten Köchen und Autoren. Wir sind in der Branche durchaus auch wegen unserer PR-Kampagnen für diese Talente aus der »zweiten Reihe« bekannt geworden.

Was sind die größten Unterschiede zwischen dem US-Markt und anderen Märkten, in denen Sie tätig sind?
Ekus: Amerikaner sind enorm ethnozentrisch. Wir vergessen, dass es da draußen eine ganze Welt gibt mit unterschiedlichem Essen, unterschiedlichen Rezepten und unterschiedlichen Präsentationsideen. Ich würde sehr gerne mehr tun, um die US-Leser von den tollen Kochbüchern zu überzeugen, die aus London, Paris, Deutschland, Australien und so weiter kommen. Es gibt viel zu lernen und viel auszuprobieren jenseits unserer Küsten. Viele Amerikaner interessieren sich durchaus für das Reisen, für ethnische Küchen. Ich bin überrascht, dass sich das bei den Kochbüchern aus anderen Ländern so gar nicht bemerkbar macht.

Was muss ein Agent für kulinarische Bücher eigentlich können?
Ekus:
Er muss sich auskennen mit Gastro-Trends und dabei wirklich am Ball bleiben. Er muss die Vorgaben und Vorliebe der einzelnen Verlage kennen. Es gibt beispielsweise nur eine begrenzte Anzahl von Verlagen, die für große illustrierte Kochbücher in Frage kommen. Viele machen ausschließlich Bücher zu einzelnen Themen und Bereichen, andere suchen bekannte Marken und Namen, wie etwa TV-Promis. Die Grundlagen dafür habe ich gleich am Anfang meiner mehr als 30jährigen Karriere im Verlagswesen gelernt: Mein erster Job, damals war ich noch auf dem College, war bei einer literarischen Agentur in New York. Manuskripte zu begutachten, Verträge zu bearbeiten und Autoren zu managen war von Anfang an meine Hautptaufgabe.

Vertreten Sie ausschließlich Köche und Gastro-Autoren aus den USA oder haben Sie auch Autoren aus dem Ausland unter Vertrag?
Ekus: Es gibt eine Reihe von internationalen Klienten. Anne Willan aus Frankreich, die gerade nach Kalifornien umgezogen ist, oder Elizabeth Andoh aus Japan oder Yukari Pratt Sakamoto aus Singapur. Wir haben aber auch schon PR-Kampagnen gemacht oder TV- und Video-Trainings durchgeführt, etwa für Klienten aus London, Paris, Australien, Mexiko oder Kanada.

Wie kommen Sie mit den Autoren zusammen? Wie suchen Sie sich die Leute aus, die Sie vertreten wollen?
Ekus: Wir suchen in aller erster Linie nach Leidenschaft für das Thema, kombiniert mit einer guten Schreibe, herausragenden Rezeptideen und einer einzigartigen professionellen Handschrift. Ein Autor muss uns klar machen, wodurch er sich abhebt von der Masse, warum sein Vorschlag anders ist als die zehntausende Kochbücher, die es bereits auf dem Markt gibt. Uns interessieren ethnische und kulturelle Geschichten, woher das Essen kommt – damit der Appetit des Lesers angeregt wird. Wir haben hunderte von Anfragen und nehmen weniger als ein Dutzend Klienten pro Jahr auf, darunter auch immer einige Debütanten.

Muss ein Koch auch ein erfolgreicher Kochbuchautor sein, um den großen Durchbruch zu schaffen? Oder hängt der Erfolg eines Kochbuchs vom beruflichen Erfolg des Kochs ab?
Ekus: Ein Koch kann auch ohne Kochbuch sehr erfolgreich sein. Aber ein Kochbuch kann ein sehr gutes Marketinginstrument darstellen. Es ist ein prima Souvenir nach einem schönen Abend und einem guten Essen im Restaurant. Und es eröffnet dem Koch die Möglichkeit zu nationalen Medien-Auftritten, macht ihn »sichtbarer«. Dadurch kann er seine Kundenbasis weit über den Heimatort hinaus ausbauen. Hat ein Koch bereits ein erfolgreiches Restaurant, kann ein Kochbuch auch sinnvoll sein – aber nur dann, wenn er selbst ein guter Schreiber ist oder sich mit einem solchen zusammen tut. Außerdem muss er natürlich was Interessantes zu sagen haben. Und er muss verstehen, dass er Rezepte für den privaten Gebrauch schreiben muss, die dann auch mit gängigen Haushaltsgeräten funktionieren müssen. Die meisten Köche wissen nicht, wie man Rezepte sauber und nachvollziehbar aufschreibt. Mit unserer Agentur arbeiten wir deshalb oft daran, Expertenteams zusammen zu stellen, die dann gemeinsam den Erfolg von Kochbuchprojekten sicherstellen.

Elektronische Rechte, E-Books und Koch-Apps – wie bedeutend ist dieses Thema in Ihrem Marktsegment?
Ekus:
Fast alle Bücher werden in den USA heute simultan als gedruckte und als elektronische Version veröffentlicht, oft mit zusätzlichem Video-Inhalt oder Links zu weiteren Informationen im Web. Ich glaube, dass beide Produktlinien unterschiedliche Bedürfnisse bedienen und sich nicht ersetzen, sondern ergänzen. Kochbuch-Apps sind wieder ein ganz anderes Thema: Jeder Autor will sie, und die App-Stores werden damit überflutet. Ich frage dann gern nach dem Alleinstellungsmerkmal einer neuen Anwendung. Die meisten Apps sind ja auch noch kostenlos – wie will ich da Geld verdienen? Wenn ich Geld nehme für mein App-Angebot, muss es deutlich mehr leisten als nur das Kochbuch abzubilden. Eine App muss interaktiv sein, mögliche Kundenwünsche im Blick haben. Und der Autor muss in der Lage sein, nützliche Inhalte zu liefern, die sich auch umsetzen lassen. Unter den vielen Apps gefällt mir besonders Cookulus. Oder Whisk Cooking von James McIntosh’s. Die richtig populären Autoren wie Martha Stewart oder Mark Bittman verlassen sich natürlich auch auf ihre bekannten Markennamen, um den App-Verkauf anzukurbeln. Man darf aber nicht vergessen, dass das alles ordentlich Geld kostet – Verlage wollen solche Projekte oft nicht finanzieren, aber gleichzeitig die Rechte behalten. Da werden die Verhandlungen dann ein bisschen schwierig.

 

The Lisa-Ekus-Group
Seit dem Jahr 2000 ist die US-Amerikanerin Lisa Ekus als Agentin auf dem Kochbuchmarkt aktiv. 90 Autoren sind bei ihr unter Vertrag. Unter dem Dach ihrer Lisa-Ekus-Group bietet sie außerdem PR-Services, Mediatraining und kulinarische Karriere-Entwicklung an.

Mehr über Trends und Entwicklungen im kulinarischen Segment im aktuellen Börsenblatt-Extra Essen & Trinken (Heft 17)