Interview mit Manfred Beltz Rübelmann

"Pattsituationen werden verhindert"

28. April 2011
von Börsenblatt
Manfred Beltz Rübelmann, der sich als Seniorgesellschafter der Beltz Rübelmann Holding zurückzieht, erläutert in einem Interview, warum er seine Beteiligung in die in Gründung befindliche Beltz Rübelmann Stiftung einbringt.

Sie haben über Jahrzehnte die Geschicke des Verlags und der Holding bestimmt – mit welchen Gefühlen ziehen Sie sich nun zurück?
Beltz Rübelmann: Mit einem sehr guten Gefühl! Seit den 60er Jahren konnten der Verlag und die grafischen Betriebe recht stetig entwickelt werden. Etliche Krisen und Fehler wurden ausgeglichen. Vor 20 Jahren konnten wir das Stammhaus von Julius Beltz in Bad Langensalza zurückerwerben – das war das größte Wagnis in meiner Zeit. Wir haben in beiden Sparten ausreichende Größen; die Balance von etwa 50 zu 50 Prozent gibt die notwendige Stabilität und wir arbeiten rentabel. Beltz ist ein unabhängiges Familienunternehmen geblieben und in diesem Bewusstsein übernimmt die nächste Generation nun die volle Verantwortung. Die Familie denkt und fühlt im gleichen unternehmerischen Geist. 

Warum haben Sie sich dafür entschieden, Ihre Holding-Anteile in eine Stiftung zu überführen? Und welchen Zweck hat sie?
Beltz Rübelmann: Wir realisieren das Modell einer "unternehmensverbundenen Familienstiftung". Oberste Prämisse sind der Erhalt und die Förderung der Familiengesellschaft Beltz. Die Stiftung ist faktisch das fünfte Familienmitglied. Sie verhindert Pattsituationen in strukturellen und strategischen Fragen, wie sie bei vier Familienstämmen möglich sind. Die Handlungsfähigkeit der Unternehmensgruppe soll dauerhaft sichergestellt werden. Wir haben elf Enkel – schon in der nächsten Generation tritt eine weitere Splittung der Gesellschafteranteile ein, die zwar durch einen Poolvertrag koordiniert wird, aber dennoch die Konfliktmöglichkeiten erhöht. Die anteiligen Erträge stärken ausschließlich das Eigenkapital der Gruppe; es gibt keinen Ausschüttungszwang wie bei einer gemeinnützigen, steuerlich begünstigten Stiftung.

Kann die Stiftung in operative Entscheidungen der Unternehmen eingreifen?
Beltz Rübelmann: Sie greift nicht in das operative Geschäft der Firmen ein; dies ist durch unsere Geschäftsordnung und die Geschäftsführerverträge geregelt. Die Bestellung der Geschäftsführer ist Sache der Gesellschafterversammlung; ihr müssen die Geschäftsführer berichten, die Planungen und Bilanzen vorlegen. Der Gesellschaftsvertrag stellt übrigens auch sicher, dass einzelne Gesellschafter ihren Anteil "fast" nicht verkaufen können. Das Interesse der Gesellschaft steht weit über einem etwaigen Verkaufsinteresse eines Gesellschafters.

Wer entscheidet, wer die Stiftung lenkt?
Beltz Rübelmann: Der Vorstand der Stiftung wird durch das Kuratorium und den Stifter bestimmt. Die Entscheidung fiel auf Marianne Rübelmann als Familienmitglied und Gesellschafterin. Dies stärkt den Charakter unserer unabhängigen Familiengesellschaft und führt im Falle von Meinungsverschiedenheiten bei strukturellen Fragen zu klarer Mehrheitsbildung. Stets aber soll die Bemühung um Konsens im Vordergrund stehen – dafür wird sich Marianne Rübelmann einsetzen. Das Kuratorium, die Beiräte der Holding – Gottfried Honnefelder und Fritz von Bernuth – beraten und beaufsichtigen den Vorstand; ihre Mitwirkung ist in der Stiftungssatzung geregelt.

Wenn Sie eine "Bestandsaufnahme" machen: Sehen Sie Ihre Häuser gut bestellt und für die Zukunft gerüstet?
Beltz Rübelmann: Ja, wir sind "gut aufgestellt", wie man so sagt und die Nachfolger sehen sich für die Anforderungen der nächsten Zukunft gerüstet. Der Verlag hat sowohl beim Kinder- und Jugendbuch als auch im Fach- und Sachbuchverlag für Pädagogik und Psychologie und zudem mit dem Magazin „Psychologie Heute“ eine sehr gute "Performance" erzielt. Die Verlegerin, meine Tochter Marianne Rübelmann und ihre Lektoren, Redakteure, Vertriebsteam und Herstellung arbeiten vorzüglich zusammen. Sie haben Gespür für die richtigen Themen und Autoren. Das gilt auch für unsere Beteiligung beim Campus Verlag in Frankfurt. Mein Sohn Ulrich Rübelmann ist Geschäftsführer unseres Druckhauses »Thomas Müntzer«/Beltz fine books – mit inzwischen 200 Mitarbeitern ein topmoderner vollstufiger Offsetdruck- und Buchbindereibetrieb. In Hemsbach ist Beltz Druckpartner mit 80 Mitarbeitern die spezialisierte Offset- und Digitaldruckerei; Geschäftsführer ist hier der langjährige Druckfachmann Karl Kraft. Sohn Matthias Rübelmann ist Geschäftsführer der Beltz Logistik (Auslieferung) und in der Holding für das betriebswirtschaftliche Planungswesen zuständig. Die Holding ist verantwortlich für Finanzen, Steuern, Bilanzen, Bankkontakte und Supportleistungen für die Unternehmen; Geschäftsführer ist seit über zehn Jahren Klaus Ertel. Operativ arbeiten die Geschäftsführer in eigener Verantwortung. Strukturelle Fragen haben die Gesellschafter als Team zu lösen: Wir haben eine divisionale, keine hierarchische Organisation. Mein persönliches Fazit: Wir haben für die Zukunftsentwicklung eine gesicherte und offene Struktur gefunden – ein guter Anlass zur Zuversicht!

Sind diese verschiedenen Säulen der Holding von Vorteil, eine Art Risikoverteilung?
Beltz Rübelmann: Risikoverteilung? In der Tat ist dies unser Firmenkonzept. Der Verbund, die interne Kooperation und die differenzierte Kompetenz der Firmen und ihrer Geschäftsführer hat sich langjährig bewährt. Wie anders lassen sich in mittelständischen Unternehmen Risiken beherrschen?