Ein Abend für den Verleger K.G. Saur

Der große Kommunikator

1. September 2011
von Börsenblatt
Sogar per Helikopter flog einer der Gäste ein: Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Hohe Prominenz der Buchkulturwelt gab sich gestern Abend in der Staatsbibliothek in Berlin ein Stelldichein, um mit einem „Abend für Klaus Gerhard Saur“ den Verleger und Prof. Dr. h.c. mult. anlässlich seines 70. Geburtstags am 27. Juli dieses Jahres zu ehren.

Per „Lobgesang in sieben Klageliedern“ begrüßte Dr. Jakob Hein, den Saur 2006 für den Freundes- und Förderverein der Bibliothek warb, den Jubilar und die Gäste: Saur sei nicht nur rhetorisch der Überlegene, sodass sich der Schriftsteller, erfolgreich unter anderem auf der Lesebühne „Heim und Welt“, vom Meister des laudatorischen Alphabets selbst lieber die Eröffnungsrede hätte schreiben lassen wollen, sondern auch noch wie der Igel im Märchen: „überall schon gewesen und mit Ehrenbezeugungen bedacht“. (Das Bundesverdienstkreuz und das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen sind nur zwei davon.)

Des Jubilars Markenzeichen, seine kommunikativ-positive Beschwingtheit, bestimmte auch die folgende Gesprächstrias zwischen Saur und den Moderatoren Prof. Dr. h. c. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, und der Leiterin der Staatsbibliothek Berlin Barbara Schneider-Kempf, die sich beide vor derLebensleistung des Geehrten verneigten: 8.600 verlegte Titel von über 7.000 Autoren, vorbildliche Initiativen für die Verbreitung und Förderung der weltweiten Goethe-Institute, seiner „Herzensangelegenheit“, zahlreiche Vorstandsmitgliedschaften, u.a. im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, und die scheinbar unmöglich zu finanzierenden Großprojekte wie das „Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttum“ oder das „World Biographical Information System“.

Wie man so etwas fertig bringt? Zum einen, wehrte Saur bescheiden ab, seien Ideen immer wieder an ihn herangetragen worden, nachdem er 1964 mit dem „Internationalen Verlagsadressbuch“ – „mit 750 verkauften Exemplaren das erste ausverkaufte Buch im [vom Vater gegründeten] Verlag“ – auf den Markt brachte. Und schmunzelte: „Wenn man a bissel offensiv auf die Leute zugeht, kann man schon Sponsoren locken.“ Dass Stiftungen schon ihre Satzungen verändert haben, um derlei Projekte nicht nur indirekt sponsern zu können, ist side-effect seiner besonderen Kommunikationsfähigkeit: „Na, wenn SIE den Antrag stellen …!“ Auf ähnlichen Wegen muss er es fertig gebracht haben, seine Nachschlagewerke selbst Bibliotheken mit einem geringen Etat wie etwa jener des Wissenschaftskollegs verfügbar zu machen. Nicht nur dies, auch Saurs Blick fürs Detail, sein spielerisches Element und die Lust an der Sache lassen noch heute Bibliothekare ins Schwärmen geraten: „Die von Saur gegebenen Empfänge auf den Bibliothekarstagen waren die besten: sogar Kasperltheater gab’s da!“ Ach ja, die Vermittlungen von Wissenschaftsverlagsarchiven an die Berliner Staatsbibliothek gehen ebenfalls auf seinen Anstoß zurück.

Doch zuweilen stand auch er am Rande des Nichts: „1961 konnte ich bei der Jahresbilanz das Kapital nur auf der linken Seite entdecken“, 1980 war er sechs Wochen lang fast pleite – „es war das Allerschlimmste, aber sehr lehrreich“. Aber er sei Optimist, vermerkt seine Frau Lilo, „er glaubt daran, dass es immer weiter geht.“ Was ihn antreibt, ist nach wie vor seine Lust auf – intelligenten – Austausch: Obzwar Nichtraucher, ist er Mitglied des Bremer Tabak-Collegiums, einer in den 1950er Jahren begründeten Gesprächsrunde zu zeitgeschichtlichen Themen, der Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur beiwohnen, und schätzt an diesem „einen der wunderbarsten reaktionären Herrenclubs die Unmenge an Kontakten, die sich in der Verlagswelt nicht ergeben hätten“. Weil’s Freude macht, moderiert er in der Staatsbibliothek Berlin eine eigene Gesprächsreihe und hatte schon Joachim Gauck und Hildegard Hamm-Brücher zu Gast. Im November ist es wieder soweit, dann heißt es: „Ein Abend für … Jutta Limbach“. Mit K. G. Saur, natürlich.