Ausbildung

Auf der Suche nach dem berühmten Nadelöhr

26. September 2011
Redaktion Börsenblatt
Rund 130 Besucher kamen am Samstag zum diesjährigen Nachwuchstreffen der Buchbranche in Berlin, um über die Chancen der jungen Berufseinsteiger zu diskutieren. Die Stimmung: realistisch-wach.

In der einführenden Podiumsdiskussion unter Leitung von Johanna Hahn (Geschäftsführerin beim Landesverband Berlin-Brandenburg des Börsenvereins) wurde der These widersprochen, dass sich das gutbürgerliche Image vom Bücherlesen verändert habe. Jörg Magenau (taz) betonte, dass eine Buchpublikation Anerkennung bringe. Karla Paul (lovely books) argumentierte, dass die blogger, indem sie über literarische Texte schrieben, sehr wohl davon zeugten, dass Buchlektüre ‚in' sei. Und Daniela Seel konstatierte ein großes Publikumsinteresse an Lyrik, die aber abseits der Buchmarkt-Mechanismen agiere. Ihr Verlag Kookbooks habe noch in keinem Jahr schwarze Zahlen geschrieben. „Aufgefangen haben wir das, indem wir dorthin gegangen sind, wo etwas Neues im Entstehen ist, beispielsweise in blogs."

Während sich Interessenten bei Fachleuten aus Werbung, Vertrieb, Lektorat, Presse und Lizenzgeschäft im persönlichen Gespräch über Arbeitsfelder im Buchverlag erkundigen konnten, moderierten Nachwuchskräfte Gesprächsrunden, bei denen Fachleute sich Fragen zu aktuellen Themen stellten. So diskutierten buchhändlerische Instanzen wie Christiane Fritsch-Weith (Buchladen Bayerischer Platz) und René Kohl (Kohlibri), wie weit die Netzpräsenz inzwischen zum Standard einer Kiezbuchhandlung gehöre.

Die Internationalisierung der Buchbranche haben nicht wenige junge Interessenten der Branche bereits im Blick, und sie bringen von den Altvorderen geforderte Qualifikationen wie Sprachkenntnisse durch Auslandsaufenthalte ohnehin mit. Der ‚Stau' bei den Bewerbungsrunden, so wurde in der Gesprächsrunde klar, scheint hier eher in einem ähnlichen Grund zu bestehen wie auch in anderen Wirtschaftszweigen: Es gibt kaum entwickelte internationale Wirtschafts- und Rechtsstandards. Deshalb kommen Berufseinsteiger nicht ohne konkrete Einarbeitung und viel Fingerspitzengefühl aus - das verdeutlichten die Statements von Dirk Remmeke (AV Visionen) und Bloomsbury- Geschäftsführer Philip Roeder.

Auf reges Interesse stieß die Frage, wie man in der Branche Fuß fassen könne. Früher, so Roeder, hätten Lektoren Geisteswissenschaften studiert. Lachen im Publikum. Natürlich spielte das berühmte Nadelöhr – viel zu viele Bewerber auf die wenigen Stellen – wieder eine Hauptrolle. Tanja Postpischil (Suhrkamp Presse): „Sie müssen herausstechen, offensiv sein!" Monika Kolb-Klausch (Bildungsdirektorin des Börsenvereins): „Sie signalisieren mittels eines engagierten Lebenslaufs: Ich bin belastbar." Tatjana Kirchner (Kirchner Kommunikation) nannte als Qualifikations-Muss die Offenheit gegenüber neuen Medien (social media als Vertriebsweg etc.); Kilian Kiesling (Vertriebsleiter Argon) betonte die Chancen, die Innovationen aus anderen Bereichen für die Brancheneinsteiger bedeuten könnten, um sich zu profilieren - etwa: die Facebook-Seite einer Buchhandlung gestaltet zu haben.

Während die Vertreter der älteren Generation also die individuelle Qualifikation in den Mittelpunkt rückten, setzt der Nachwuchs parallel dazu ganz klar auf Kooperation und Vernetzung: Tony Stubenrauch, Sprecher des Nachwuchsparlaments im Börsenvereins, verschickt einen Newsletter, in dem er auf Netzwerke, branchenrelevante Veranstaltungen, Mitwirkungsmöglichkeiten und die Aktivitäten der Landesverbände hinweist. Das Ziel: die verschiedenen Nachwuchs-Netzwerke untereinander zu vernetzen.

Es bewegt sich also was. Und dies ist, was sich die Branchenälteren wünschen. Kirchner: „Wir sind auf das Knowhow des Nachwuchs angewiesen, der Ideen hervorbringt." Anne Gentes (Vertrieb Ullstein): „Diese junge Generation ist anders sozialisiert; sie geht unbefangener damit um, ob eine Geschichte übers Internet, als e-book oder anders verkauft wird; die Inhalte bleiben erhalten."

Am 13. Oktober von 10 bis 12 Uhr findet auf der Frankfurter Buchmesse der Nachwuchs-Brunch statt: Dort soll ein Konzept für die Buchtage 2012 vorgestellt und diskutiert werden.