Kommentar von Sabine Cronau

Billigparadies statt Bücherparadies

29. September 2011
Redaktion Börsenblatt
Auf der Buchmesse Bok & Bibliotek« in Göteborg werden kräftig Bücher verkauft, gern zu reduzierten Preisen. Auch in Leipzig und Frankfurt werden die Stimmen, die sich einen Buchverkauf auf den Messen wünschen, immer zahlreicher. Ein Kommentar von Börsenblatt-Redakteurin Sabine Cronau.

Können Sie sich vorstellen, dass BMW Auslaufmodelle lastzugweise zur Frankfurter IAA karrt, um sie dort zum halben Preis anzubieten? Oder Esprit die Vorjahres-Kollektion zur Igedo nach Düsseldorf schleppt und dort auf alle T-Shirts 25 Prozent Rabatt gibt? Wohl kaum. Aber: Nichts ist unmöglich, wie schon Toyota predigte.

Denn in der Buchbranche passiert genau das, jüngst zu beobachten auf der »Bok & Bibliotek« in Göteborg – immerhin die größte Buchmesse Skandinaviens. An den Ständen reihen sich die neuen Programmperlen der Verlage dekorativ und verlockend aneinander. Und direkt davor stapelt sich Ramschware aus der Backlist auf den Tischen. Drei kaufen, zwei zahlen – eines der meistgesichteten Schilder auf der Göteborger Buchmesse. Denn die Verlage nutzen den Messeverkauf im preisbindungsfreien Schweden ganz offensichtlich fürs Ausmisten ihrer Lager. Und professionelle Ramscher die Gunst der Stunde für üppige Präsentationen ihrer MA-Ware. Willkommen im Billigparadies.

Wer solche Bilder vor Augen hat, der kommt ins Grübeln, wenn die Rufe nach dem Buchverkauf auf den deutschen Buchmessen in Leipzig und Frankfurt lauter werden. Die Preisbindung würde dem großen Ausverkauf auf der Messe zwar Grenzen setzen. Und natürlich könnten gerade kleine Verlage vom schnellen Messe-Umsatz profitieren. Trotzdem: Kann ein kluger Unternehmer wirklich wollen, dass seine Neuheiten, in die viel Herzblut, Zeit und Geld geflossen ist, neben der Strahlkraft der Rabattzeichen ganz alt aussehen? Wer jetzt schon jammert, dass die Novitäten von heute morgen nichts mehr wert sind, wird sich da noch ganz schön umgucken.