Und genau darum sollte es heute gehen. Fast eine Stunde lang wurde im Forum Börsenverein darüber diskutiert, manchmal auch gestritten – zum Beispiel über Verbünde vs. Individualität. Aber dazu später.
Zunächst ein Blick auf das Podium: Als Buchhändler waren Irmgard Clausen und Dennis Witton dabei, sie ist seit mehr als drei Jahrzehnten Inhaberin der Buchhandlung Riemann in Coburg, er hat zusammen mit einem Partner vor einem guten Jahr in Kerpen die Buchhandlung WortReich gegründet. Eher aus der Vogelperspektive steuerte Nikolaus Sondermann vom Institut für Handelsforschung (IfH) in Köln Erkenntnisse bei. Und, last not least: Moderiert wurde die Runde von Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck.
Wider den Mainstream
Die Struktur des Einzelhandels hat sich natürlich längst verändert – und das in anderen Branchen viel früher und noch deutlicher als im Buchhandel. Unter einer „Eintönigkeit der Filialisten“ würden vor allem die Innenstädte leiden, so Sondermann. „Aber der Fachhandel kann, mit einem klaren Profil, sehr wohl dagegen halten – gegen den Mainstream.“ Ein Instrument: Die Vorteile, die der stationäre Handel bietet, im Gespräch mit Kunden klarer zu benennen.
Selbstbewusst pro Buchhandel
Irmgard Clausen ist so eine Fachhändlerin, der das gelingt. 205 Jahre sei ihre Buchhandlung jetzt alt und solle mindestens noch die 300 voll machen. Dafür müsse man aber lauter trommeln als bisher, den Kontakt zu seinen Kunden bewusst suchen – auch via Kundenmagazin (Clausen hat sogar ein eigenes) und lokale Medien. Das Wichtigste, aus ihrer Sicht: Persönlichkeit beweisen, witzig und geistreich sein, gegenüber den Kunden selbstbewusst pro Buchhandel zu argumentieren und sich vor Ort zu vernetzen. „Als Gesicht erkennbar zu sein“, wie sie sagt. „Das schafft kein Filialist und auch kein Onlinehändler.“
Außerdem nützlich, wenn auch mehr fürs Generelle: Marketingaktionen gemeinsam mit anderen Fachhändler vor Ort – und der „gnadenlos ehrliche“ Austausch mit Kollegen in einer Erfa-Gruppe. „Ich bin jetzt 58 und arbeite selbstständig, seitdem ich 21 war. Hätte ich nicht den Erfahrungsaustausch in meiner Erfa-Gruppe gehabt, wäre ich in jedem Jahrzehnt drei mal pleite gegangen.“
Dennis Witton hat sich noch keine Erfa-Gruppe gesucht („dafür war noch keine Zeit“). Ansonsten jedoch versucht er alles, was Clausen tut – wenn auch etwas anders akzentuiert und in kleinerem Rahmen. „Wir nutzen fast alles, was geht“, inklusive Facebook und Google Adwords.
Vorsicht Soße
Sich gegen Thalia, Amazon & Co zu behaupten, sei dennoch ein steiniger Weg, meinte Sondermann, und wunderte sich zugleich darüber, das sich bis heute nur wenige Buchhändler Verbünden und Einkaufsgenossenschaften anschließen. „In anderen Branchen ist der Kooperationsgrad deutlich höher“, sagte er – Clausen legte ihre Stirn in Falten. „Wir brauchen diese Farbe in der Branche, es darf nicht nur alles eine Soße sein.“ Verbünde, Einkaufsgenossenschaften? Bloß nicht, meinte sie. „Ich sehe da immer die gleichen alten Konzepte, Flyer undsoweiter.“ Sie bleibe da lieber unabhängig. Zu 100 Prozent.