Interview mit Jörg Müller

E-Commerce: "Nicht einfach bloß mitmachen"

22. Dezember 2011
Redaktion Börsenblatt
Jörg Müller (Inhaber und Berater bei MKD Mediengestaltung) gibt im Rahmen unserer Multichannel-Buchhandlungen-Reihe (siehe im aktuellen Börsenblatt 51/52) Antworten zum Thema "Herausforderung E-Commerce. Lösungen für kleine und mittlegroße Sortimente".

Was muss ein gelungener Webauftritt bieten?
Geht es um das Tema Verkauf, dann ist die oberste Regel, die Zielgruppe bereits auf der Startseite anzusprechen. Innerhalb einer Sekunde verschafft sich der Besucher ein Bild: Wer also durch eine überfrachtete Seite oder schlechte Navigation abschreckt, hat keine Chance. Wuchern muss man etwa mit Pfunden wie Angeboten der Woche, Versandkostenfreiheit oder Warenkorbinhalten im Blickfeld. Nicht unerheblich ist auch das Thema Farbgestaltung: "Beißende" Kontraste sollten nicht verwendet werden.

Davon abgesehen halte ich für wichtig, dass der Buchhändler ein Konzept hat. Will er das Internet als zweite Filiale oder als Informationskanal nutzen? Das ist eine grundlegende Entscheidung. Was lange gut war: Buchtipps, Veranstaltungshinweise und ein Barsortimentshop "von der Stange" langt heute nicht mehr. Die Kunden wollen sich nicht bloß informieren, sondern auch kaufen. Bücher zählen im Internet zu den meistgehandelten Gütern.

Wie geht man als kleiner Sortimenter vor beim Thema individualisierter Webshop?
Seit zwei Jahren arbeiten wir intensiv an Shoplösungen: Die Rohdaten kommen von Umbreit. Die gute Anbindung zieht erst einmal viele Besucher auf die Seite: Nun muss sich der Buchhändler überlegen, was die Kunden suchen und geboten haben wollen: An Veranstaltungen, Inhalten. Es ist wie mit einer 1a-Lage: nur dass der Besucherstrom digital ist. Wichtig ist eine Kundenanalyse.

Was kostet bei Ihnen eine Shop-Lösung mit individuellem Gesicht?
Die Spanne liegt zwischen 4.500  bis 5.000 Euro. Dafür wird schon eine ganze Menge geboten. Nach meinem Erfahrungswert zählen wir bis zu 10.000 Besucher im Monat auf diesen Shops.

Ist die Einbindung sozialer Netzwerke eine gute oder schlechte Idee für die kleinen Sortimente?
Grundsätzlich eine gute Idee, aber nicht als Kaufkanal, sondern als Kundenbindungsinstrument. So wie man vor wenigen Jahren sagte: "ohne Internetseite geht es nicht", muss man das gleiche wohl heute über die sozialen Netwerke sagen.

Ist die Einbindung mit Zusatzkosten verbunden?
Die Einbindung nicht, das ist bei der Konzeption bereits mit drin. Moderate Kosten verursacht die Funktionalität, dass Posts per CMS automatisch an die Soziale Netzwerke (Facebook, Twitter usw) gesendet werden. Das spart Zeit, weil sonst überall manuell gepostet werden müsste.

Webshop: Wie gut kann man als "Kleiner" mit den Großen denn wirklich konkurrieren?
Das ist meiner Erfahrung nach nicht so sehr von der Technik abhängig, sondern davon, ob es personell zu leisten ist. Aber man muss nicht alles alleine machen: Inhalte können auch von Externen betreut werden, die Veranstaltungen ankündigen usw. Dann gibt es noch hilfreiche Automatismen: Novitäten lassen sich etwa automatisch auf der Startseite anzeigen. Ist man mit der Auswahl nicht zufrieden, kann man manuell eingreifen.

Wie sieht es aus mit E-Bookshops? Der Gewinn scheint noch begrenzt, vor allem kleine Sortimente zögern noch ...
Zögern ist ein Fehler. Das Internet ist eine wichtige Kaufquelle geworden. Das Pflänzchen E-Book steht noch am Anfang. Wer aber jetzt nicht mit dabei ist, könnte bald zu spät kommen: Der Kunde braucht keine Beratung im Netz. Daran ist der Käufer gewöhnt. Der Buchhandel hat zunehmend externe Wettbewerber, bei denen bereits eingekauft wird.

Es gibt Modelle, bei denen der Kundenkontakt zwischen Buchhändler und Kunde beim Thema E-Bookshop vollkommen verlorengeht. Wie kann der Sortimenter beim Thema E-Book souverän agieren?
Die Einstellung "einfach mitmachen" ist leider verbreitet. Ein anderer Ansatz, den wir nahelegen sieht so aus, die libreka!-Rohdaten zu nutzen, aber die Kaufabwicklung über den Shop des Buchhändlers durchzuführen. So behält der Buchhändler die Kontrolle über sein Geschäft und die Kundendaten.

 

Fragen: Kai Mühleck