Interview mit Douglas-Chef Henning Kreke

"Gemeinsam die Ärmel hochkrempeln"

12. Januar 2012
Redaktion Börsenblatt
Thalia hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seine Ziele beim Ergebnis weit verfehlt. Im Interview mit boersenblatt.net erläutert Douglas-Chef Henning Kreke die Neuausrichtung des marktführenden Buchhandelsfilialisten und skizziert die Zukunft des stationären Sortiments.
Was macht Ihnen zur Zeit mehr Spaß? Der stationäre oder der Online-Buchhandel?
Es macht uns weiterhin beides Spaß und wir glauben, dass beide Vertriebskanäle wichtige Bestandteile des zukünftigen Buchhandels sein werden.

Das Ergebnis von Thalia ist eingebrochen – statt der geplanten 25 Millionen Euro sind fünf Millionen Euro geblieben. Wie gehen Sie mit diesem Resultat um?
Die Entwicklung bei Thalia hängt ja nicht damit zusammen, dass Thalia nicht gut aufgestellt ist oder war. Wir haben erstklassige Führungskräfte und Mitarbeiter, auf die wir sehr stolz sind. Ihnen wird jetzt leider ein völlig neues Umfeld in der Branche beschieden – und darauf müssen wir uns einstellen. Wir nehmen es so, wie man es nehmen muss: Gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und das Unternehmen so aufstellen, dass es nachhaltig zukunftsfähig ist.

Das Ergebnis von Thalia hat nach Ihrer Aussage unter anderem deswegen gelitten, weil im Online-Buchhandel nicht die gleichen Margen wie im Laden erwirtschaftet werden können. Dabei sparen Sie doch Mieten, Mitarbeiter etc. ...
Tatsache ist, dass wir versuchen, den Kunden in den Vertriebskanäle online zu locken, damit er – wenn er schon online einkaufen möchte – dies bei uns und nicht beim Wettbewerb tut. Diese Kundenakquise kostet Geld – und derzeit ist kostet sie eben mehr Geld als die Akquise oder der Erhalt von Kunden im stationären Geschäft.

Den Anteil an buch.de hat Thalia nach der jüngsten Kapitalerhöhung auf ca. 80 Prozent aufgestockt. Wollen Sie weiter erhöhen?
Wir stehen parat, um bei vernünftigen Aktienkursen zuzukaufen. Im Moment liegt der Aktienpreis höher als ein für uns attraktiver Übernahmekurs.

Thalia nimmt ein Restrukturierungsprogramm in Angriff. Mit welcher Absicht?
Mit der Neuausrichtung von Thalia haben wir im vergangenen Jahr bereits begonnen und werden diesen Weg konsequent weiter gehen. Dass es vor dem Hintergrund der massiven Veränderungen wichtig ist, sich neu aufzustellen, gilt im Übrigen nicht nur für unser Unternehmen, sondern für den gesamten Buchhandel. Die anstehenden Veränderungen führen dazu, dass man sich neu orientieren muss. Dies betrifft den Sortimentsmix und die Optimierung der Vertriebskanäle.  Die stationären Buchhandlungen werden auch weiterhin ein wichtiges Standbein für Thalia sein, jedoch müssen wir unser Filialnetz daraufhin untersuchen, in welcher Form Verkleinerungen und Flächenoptimierungen möglich sind. Wo immer sie nötig sind, werden wir versuchen, sie mit Augenmaß umzusetzen.

Als optimale Fläche gelten für Sie mittlerweile round about 500 bis 600 Quadratmeter. Im vergangenen Jahr waren es noch 800 bis 900 Quadratmeter. Warum diese Veränderung der Quadratmeterzahl?
Das ist ein Mittelwert, der sich durch die rasante Veränderung anders entwickelt hat. Wir sind im letzten Jahr bei der Bilanzpressekonferenz noch davon ausgegangen, dass wir im Buchbereich 25 Millionen Euro verdienen können. Dann hat sich in den folgenden Monaten aber gezeigt, dass wir bei fünf Millionen Euro herausgekommen sind. Das führt natürlich dazu, die optimale Größe einer Buchhandlung, die als kompetent wahrgenommen wird, zu überdenken.

Ein Rezept gegen sinkende Umsätze im stationären Handel sind Kooperationen. Sie arbeiten seit kurzem in zwei Testfilialen mit Spiele-Max zusammen. Wie lautet Ihr Fazit nach dem Weihnachtsgeschäft?
Es freut uns, dass das Angebot von den Kunden als selbstverständlich wahrgenommen und nicht als Störfaktor gesehen wird. Im Gegenteil: Die Spielwaren werden als sinnvolle Ergänzung betrachtet.  Im Weihnachtsgeschäft hat es gut funktioniert. Jetzt schauen wir, wie es in den nächsten Monaten aussieht. Und wenn beide Partner es wollen, kann das Konzept multipliziert werden.

Ein weiteres Rezept gegen den Umsatzschwund im Kerngeschäft sind Zusatzsortimente. Sie sind auf diesem Gebiet sehr aktiv. Welchen Umsatzanteil erreichen Non-Books bei Ihnen?
Im Moment sind es ca. 20 Prozent des Umsatzes. In den nächsten Jahren streben wir einer Zielgröße von 30 Prozent entgegen. Wir sind jedoch der Meinung, dass ein Buchanteil von 60-70 Prozent die Voraussetzung dafür ist, dass ein Geschäft als kompetente Buchhandlung wahrgenommen wird.

Mit dem Oyo haben Sie ein eigenes Lesegerät entwickeln, nun streben Sie den Verkauf vieler unterschiedlicher Reader an. Warum?
Das ist Teil unserer weiterführenden Digitalisierungsstrategie. Wir möchten, dass die Leser geräteunabhängig lesen können und eine entsprechende Auswahl an Angeboten haben. So bieten wir neben der Hardware zum Beispiel durch kluge Apps, die unsere zugekaufte Tochter Textunes entwickelt, einen Mehrwert – auf möglichst vielen Geräten.