10 Uhr 30
Jörn Kreke, Vorsitzender des Aufsichtsrats, betonte, dass Douglas "auf einem grundsolidem Fundament steht". Dennoch zögen Wolken am Himmel auf. Amazon und das Internet hätten Veränderungen im Handel ausgelöst, die vor allem den Buchhandel und den Buchmarkt betreffen würden. So große Buchhandelsflächen wie sie Thalia teilweise betreibe, "werden nicht mehr gebraucht". Ob sich das neue Konzept von Thalia durchsetzen könne, vermochte Kreke nicht zu sagen: "Ob die neuen Sortimente von den Kunden angenommen werden, ob wir Untervermieter für die Teilflächen finden, muss sich zeigen." Es gebe noch viel zu tun, so Kreke.
Jörn Kreke blickte auch zurück auf den Presserummel der vergangenen Monate, der die Douglas-Aktie immerhin habe steigen und die Aktionäre um vier Millionen Euro reicher gemacht habe. Noch immer sei es ihm rätselhaft, wie die Überlegungen, Douglas mit Hilfe von Finanzinvestoren von der Börse zu nehmen, an die Öffentlichkeit haben dringen können. "Ich möchte betonten, dass wir uns nach wie vor in der Überlegungsphase befinden. Es ist nicht absehbar, wann und ob die Gespräche zum Abschluss kommen. Es gibt keinen Masterplan."
Alle Überlegungen würden im übrigen unabhängig von den Plänen des Drogisten Erwin Müller (der der Hauptersammlung gemeinsam mit seinem Sohn beiwohnt) getätigt: "Die Probleme im Buchbereich müssen auf jeden Fall gelöst werden, egal, wie der Aktionärskreis aussieht."
11 Uhr: Henning Kreke zur Lage von Thalia
Vorstandschef Henning Kreke tritt ans Mikrofon. Zunächst warf er einen Blick auf das abgelaufene Geschäftsjahr, in dem die Ziele leicht unterschritten worden seien. Als Grund nannte er vor allem den Buchbereich, in dem die Planzahlen recht deutlich unterschritten worden seien. Bereits im Jahr 2010 seien dunkle Wolken aufgezogen. Zunächst erst in den USA, wo Borders ins Schlingern geraten sei - und kein Konzept gehabt habe, auf die große Konkurrenz durch Amazon zu reagieren. "Durch die deutsche Brille betrachtet, schien Amerika zunächst noch ganz weit weg", so Kreke. Auch weil es dort keine Preisbindung gebe. Es habe niemand damit gerechnet, "dass die US-Welle so schnell auch nach Deutschland schwappen würde".
Wie viele andere Buchhändler sei Thalia gezwungen gewesen, schnell auf die veränderten Kundenwünsche zu reagieren. Online-Shops wurden ausgebaut, der OYO eingeführt, Zusatzsortimente aufgenommen. Die rückläufigen stationären Umsätze hätten durch zweistellige Umsätze im Online-Handel und die Zusatzsortimente "bisher einigermaßen kompensiert werden können". Aber das margenschwächere Internet und die zusätzlichen Marketingmaßnahmen zur Neukundengewinnung seien teuer - und drückten das Ergebnis.
Mit Blick auf die Zukunft erwartet Kreke, dass sich die "Buchumsätze im deutschsprachigen stationären Buchhandel in den nächsten Jahren weiter in Richtung Internet, Digitalisierung und Mobile Shopping verlagern". Wo gestern noch Weltbild, Hugendubel oder die Mayersche die wichtigsten Wettbewerber von Thalia waren, "ist jetzt Amazon das Maß der Dinge".
In den vergangenen Wochen sei viel über die Neuausrichtung von Thalia spekuliert worden. Fakt sei: "Thalia hat weder ein Konzept- noch ein Personalproblem. Thalia hat ein Flächenproblem." An einer Reihe von Standorten müssten die Fläche kleiner werden - durch Teilung, Untervermietung, Stilllegung von Teilflächen oder Schließung.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen gebe es nicht zum Nulltarif. Erforderlich seien Rückstellungen von 40 Millionen Euro, darüber hinaus werden Wertberichtigungen von ca. 130 Millionen Euro erwartet. Erfreulicherweise habe die Analyse ergeben, dass "Thalia nach erfolgreicher Restrukturierung in einigen Jahren wieder ein positives EBT-Ergebnis erzielen und auch die Kapitalkosten erwirtschaften kann". Der Weg dahin sei jedoch lang, zäh und steinig
11 Uhr 20: Henning Kreke zur Rolle von Erwin Müller und den Gesprächen mit Investoren
Kreke stellte klar, dass die Unternehmen Müller (Anteil von Erwin Müller an Douglas derzeit gut zehn Prozent mit Optionen auf weitere ca. 15 Prozent) und Douglas Wettbewerber seien, sich nicht täglich in den Armen lägen, sich aber mit Respekt begegneten. Douglas heiße Müller als langfristigen Aktionär herzlich willkommen. Gleichwohl seien die Unternehmenskultur beider Konzerne unterschiedlich, und Douglas wolle die Seine bewahren.
Douglas habe sein Ansehen und seine Kultur in den vergangenen Monaten oftmals in Gefahr gesehen - das Prestige des tollen Unternehmens, der Stolz der Mitarbeiter, der Wert von Douglas - all das drohte, aufgrund des externen Fokus auf die weltweite Schieflage der Buchbranche zerstört zu werden, sagte Kreke. Und betonte in Sachen Gespräche mit Finanzinvestoren sowie Rückzug von der Börse: "Ein eventuelles Delisting stünde, wenn überhaupt, ganz am Ende einer langwierigen Entwicklung, deren weiteren Verlauf wir derzeit nicht abschätzen können."
11 Uhr 35: Die Debatte ist eröffnet - Aktionärsschützer und Fondsmanager üben Kritik
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger kommt zuerst zu Wort. Gefragt wird unter anderem nach den genauen Entwicklungskosten für den Oyo und danach, ob der Reader rentabel sei. Auch die avisierten 40 Millionen Euro Rückstellungen und Wertberichtigungen von 130 Millionen Euro für Thalia möchten die Aktionärsvertreter näher erläutert haben.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz zeigte sich enttäuscht vom bisherigen Verlauf der Hauptversammlung. "Sie haben hier kein Konzept, keinen Masterplan vorgelegt", so Jella Benne-Heinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Vereinigung. In Richtung Henning Kreke sagte Benner-Heinacher: "Restrukturieren kann man auch eine börsennotierte AG. Allerdings wird alles mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Herr Kreke, was ist eigentlich der wahre Grund für Ihre Rückzugspläne?"
Unter tosendem Applaus forderte Benne-Heinacher den Drogisten Erwin Müller auf: "Kommen Sie nach vorn, verraten Sie Ihre Pläne. Tun Sie uns den Gefallen und sorgen Sie für Klarheit." Zudem verlangte Benne-Heinacher Klarheit, mit welchen Finanzinvestoren verhandelt würde. Sie habe den Eindruck, "dass hier viel über ungelegte Eier gesprochen werde".
Die Aktionärsvertreterin wollte auch genauer wissen, ob Thalia verkauft werden solle - und wie sich die Rückstellungen für Restrukturierungen von 40 Millionen Euro zusammensetzen würden. Leiser Applaus bei ihrem Vorschlag, Thalia zu verkaufen, den sie mit folgenden Worten unterstrich. "Manchmal ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende."
Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger forderte ebenfalls mehr Transparenz. Bezüglich Thalia sagte Buhlmann: "Das Buch verkaufen, Herr Busch, können Sie sich das vorstellen?" Nach Meinung von Buhlmann müsse man den Bereich eher verschenken, oder, so fragte er: "Ist es nicht richtiger, die Flächen mit einem höherwertigen Produkt, mit einem anderen Mieter zu besetzen? Und wann ist eigentlich die Erkenntnis gekommen, dass die Flächen von Thalia zu groß geworden sind?"
Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment, zeigte sich über die Entwicklungen der vergangenen Monate enttäuscht und bezeichnete die Vorfälle der letzten Wochen als "Familienklüngel", die zu "Interessenskonflikten" zwischen den unterschiedlichen Eigentümergruppen geführt hätten.
Thalia sei in die Fänge des Kraken Amazon geraten. Hier seien auch Managementfehler passiert, etwa sei die Geschwindigkeit der Umsatzverschiebung ins Internet unterschätzt worden. Nun sitze Thalia auf vielen viel zu großen Filialen. Thalia könne in den nächsten Jahren die Profitabilität der gesamten Douglas Holding gefährden, warnte Speich, weil die Restrukturierung einen größeren Zeitraum benötigen würde.
13 Uhr - Aktionäre kommen zu Wort
Derzeit debattieren (Klein)aktionäre über Douglas, die Arbeit des Vorstands und des Aufsichtsrats - und stellen ihre Fragen. Im Saal herrscht ein Kommen und Gehen - es ist Mittagessenszeit und die belegten Brötchen stehen bereit.
14 Uhr - Nun beantwortet Jörn Kreke die Fragen an den Aufsichtsrat
Kontakt zu Erwin Müller: Es hätten Gespräche mit Erwin Müller stattgefunden, diese seien sehr angenehm gewesen ohne Druck von irgendeiner Seite. Man hoffe, dass das so bleibt.
Fragen an Großaktionär Oetker: Der Aktionär hat entschieden, nicht auf der Versammlung zu sprechen.
14 Uhr 20 - Nun beantwortet Henning Kreke die Fragen an den Vorstand
Finanzinvestoren
Kreke bestätigt Gespräche mit BC Partners, andere potenzielle Interessenten erwähnt er nicht.
Oyo
Die Einführung sei ein großer Kraftakt gewesen. Man war und sei mit dem Abverkauf von Oyo I und Oyo II durchaus zufrieden. Die Anzahl der verkauften Reader nannte Kreke nicht. Die Zielgrößen seien aber erreicht worden. Die Einführungskosten hätten sich im oberen einstelligen Millionenbereich bewegt.
Die wahren Gründe für den Börsenrückzug
Es gebe keine unwahren Gründe und schon gar keine "hidden agenda". Schutz und Ansehen der Douglas-Gruppe und der Wert der Aktie seien, wie am Morgen dargelegt, die Motive.
Würde Thalia-Chef Michael Busch Thalia übernehmen, wenn er die Buchhandelskette geschenkt bekäme?
Diese Frage sei so zu verstehen, ob Thalia zu verkaufen wäre, meinte Kreke. Douglas sei, wie bereits gesagt, von dritter Seite angesprochen worden, Gespräche seien geführt worden und würden geführt. Derzeit lägen allerdings keine konkreten Ergebnisse vor. Und Herr Busch wolle Thalia nicht übernehmen.
Wann hat Thalia erkannt, dass die Flächen zu groß sind?
Erst durch den Zusammenschluss von Phoenix mit Thalia und den großen Flächen sei Douglas zu einem ernstzunehmenden Mitspieler im Buchhandel geworden. Thalia sei stolz gewesen, sich zur Nr. 1 hochgearbeitet zu haben. Zu dieser Zeit habe gegolten: Größe ist gleich Kompetenz. Größe ausgedrückt in Anzahl der verfügbaren Bücher. Mittlerweile sei es aber so, dass die größte Buchhandlung die im Internet sei, die Titel dort teilweise nach einigen Stunden bereits geliefert würden. Das sei schon fast so schnell wie ein Einkauf im stationären Handel. Die Erkenntnis dieser Veränderung habe sich im Kalenderjahr 2010 ergeben.
15 Uhr 40
Die Aussprache ist beendet.
16 Uhr
Die Aktionäre entlasten Vorstand und Aufsichtsrat. Die Versammlung wird geschlossen.