Weltbild wird zur Stiftung: Welche Folgen hat eine Entscheidung wie diese auf Wirtschaftsentscheidungen eines Unternehmens?
Zunächst – auch wenn ich über Einzelheiten der Angelegenheit nicht Bescheid weiß: Hier muss klar getrennt werden: Das Unternehmen wird ja nicht zu einer Stiftung, vielmehr gehen die Anteile des Unternehmens in andere Hände über. Die Gesellschafter ändern sich, während die Rechtsform des Unternehmens, wie in diesem Fall eine GmbH, davon unverändert bleibt.
Warum gehen Unternehmer diesen Weg?
In der Regel gibt es ein ganzes Bündel von Gründen. Wenn Unternehmer ihr Unternehmen auf eine Stiftung übertragen, wie etwa bei Bertelsmann, Krupp oder Bosch, dann möchten sie ihr Lebenswerk dauerhaft bewahren, es aus Erbauseinandersetzungen heraushalten - oder auch die Erbschaftsteuer vermeiden. Der Fall Weltbild ist aber anders gelagert: Hier spielte die kircheninterne Kritik am Verkauf esoterischer und erotischer Titel eine zentrale Rolle. Wenn die Unternehmensanteile in einer Stiftung gehalten werden, ist eine Beruhigung der Debatte wahrscheinlich. Natürlich wird man betrachten müssen, welche Rolle die bisherigen Gesellschafter - 12 Diözesen, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin - innerhalb der Entscheidungsstruktur der Stiftung spielen werden. Dass sie darin aktiv bleiben, davon ist wohl auszugehen. Jedenfalls hätte die Kirche das Unternehmen auch verkaufen können. Dass ein anderer Weg beschritten wird, dürfte auch damit zu tun haben, die Erträge der Verlagsgruppe dauerhaft kirchlichen Zwecken zu erhalten und letztlich Einfluss zu bewahren.
Wird die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Bewegungsfreiheit durch den Stiftungszweck womöglich eingeschränkt - zumal es sich um eine kirchliche Stiftung handelt?
Eigentlich nicht. Die GmbH kann genauso agieren wie bisher, Diskussionen und Auseinandersetzungen der bisherigen Anteileigner finden nun allerdings innerhalb der Stiftung statt. Zukünftig wird es nur noch eine Stimme, die des Alleingesellschafters, geben.
Welche Auswirkungen hat die Stiftungslösung im Falle eines Joint-Ventures wie der DBH? Wie trifft man sich in so einer komplexen Struktur, wenn einer der Partner zur Stiftung wird?
Nochmal: Nicht die Verlagsgruppe Weltbild wird zur Stiftung, sondern die bisherigen Eigentümer übertragen ihre Anteile auf die Stiftung. Insofern verändert sich eigentlich nichts - der Verlag bleibt ja als solcher bestehen. Die Stiftung gibt zwar seiner Geschäftsführung die Richtlinien vor, doch darf sie nicht in das Tagesgeschäft des Unternehmens eingreifen, um nicht ihren steuerbegünstigten Status aufs Spiel zu setzen. Bei Partnerschafts- und Geschäftsbeziehungen ändert sich also zunächst einmal nichts.
Glauben Sie, dass im Fall Weltbild die Stiftungslösung eine gute Option ist? Ist nach einem solchen Schritt ein gravierender Wechsel in der Politik eines Unternehmens zu erwarten?
Die Trägerschaft des Unternehmens verbleibt im kirchlichen Raum. Es bekommt aber eine stabilere Ausrichtung, weil es statt mehrerer nunmehr einen einzigen Eigentümer bekommt, der zudem verfassungsmäßig auf ewige Dauer ausgerichtet ist. Wäre es zum Verkauf gekommen, wäre das Unternehmen möglicherweise zerschlagen oder stark umstrukturiert worden, sicher auch mit massiven Auswirkungen auf die Beschäftigten. Es war also ein verantwortlicher Schritt für die Unternehmenskontinuität, der hier gegangen wurde. Nach ihrer Konstituierung werden die Gremien der Stiftung ihre Haltung zur bisherigen Ausrichtung und Geschäftsführung des Weltbild Verlages zu klären haben.
Dr. Christoph Mecking, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Stiftungsberatung in Berlin, ist Rechtsanwalt und Politikwissenschaftler und war viele Jahre Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Er berät bei der Gründung von Stiftungen und publiziert zu Fragen gemeinnützigen Handelns.