Wie bitte? Nach Molwanien? Es klingt, als hätte man von diesem Land schon gehört. Der Jetlag Travel Guide klärt auf: Alte Vorurteile und alle schaurigen Erwartungen über Land und Leute vom Balkan bis zum Kaukasus werden in diesem Buch zusammengetragen und aus neuer Perspektive systematisiert – als Reiseführer in ein Fantasieland, in dem die Klischees zur Satire geraten und sich die Autoren mit politisch unkorrekten Albernheiten nur so überschlagen. Das könnte man grob chauvinistisch nennen, dabei lässt es sich herzlich lachen und die eigenen hämischen Gedanken dazuflechten.
Hingegen liegt der tiefere Genuss von "Molwanien" für den Kulturbeflissenen darin, dass eine ganze Literaturgattung kritisch transformiert wird. Man erkennt, wie durch Erwartungsunterstellungen in den Reiseredaktionen kulturelle Missverständnisse und banalisierende Verkürzungen befördert werden oder überhaupt erst entstehen.
Die Parodie gelingt durch das versierte redaktionelle Konzept, das in der konsistenten Gestaltung, den deutlich gegliederten Textsorten, der exzellenten Kartografie, den sorgfältigen Tabellen und Plänen im Anhang und dem farbigen Leitsystem mit Daumenregister sichtbar wird – ein vorbildlicher Band, hinter dem sehr viele andere Reiseführer zurückstehen.
Dieser Guide ist ein Kulturführer zu uns selbst, der die eigene touristische Routine spiegelt, auf jeder Reise ein kleiner Entdecker sein zu wollen – wir goutieren aber meist nur das, was andere uns mundgerecht servieren. Molwanien ist überall.